Fischkopf mit Trauerrand

Um die Bremer muss man sich langsam wirklich Sorgen machen. Dass sie gegen eine technisch versierte, gut eingespielte, taktisch hochintelligente Mannschaft, die mit hervorragenden Einzelspielern nur so gespickt ist, zu Hause verlieren, das kann ja mal passieren. Aber dass sie es dann auch noch gegen Enschede versemmeln, kurz nachdem der Club drei Punkte entführte, das ist schon eine ganz fette „pad“, wie Kröte im Niederländischen heißt, die sie da schlucken mußten. Wobei pad süßsauer ja so ähnlich schmecken soll wie Matjes. Alles Gewohnheitssache.

Sollte Werder an diesem Wochenende auch in Stuttgart verlieren, treten natürlich wieder die auf den Plan, die erst sagen a) Schaaf sei verbraucht und dann, sollte er entlassen werden, hinzufügen, das seien b) die üblichen Gesetze der Branche. Der Medienbranche, müßte das ganz genau heißen. Schaaf wird ebenso wie Allofs hoffentlich noch viele Jahre weiterarbeiten.

Nachdem die Bremer in der letzten, auch schon als völlig verkorkst ausgerufenen Saison, immerhin noch in die CL-Quali und bis ins DFB-Pokal-Endspiel brachten, werden die Erfolge dieses Jahr äußerst überschaubar bleiben. Gründe dafür gibt es einige. Naldo fehlt in der traditionellen Wackelabwehr besonders schmerzlich, ebenso wie der zuletzt wieder präziser spielende Fritz. Die nicht mehr ganz jungen Nachwuchshoffnungen Hunt und Bargfrede sind zu schwankend in ihren Leistungen, auch Mertesacker schwächelt nach der WM. Marin ist zu sehr Dribbler und Frings, defensiv hervorragend, zu langsam, um regelmäßig ein Spiel zu machen. Arnautovic ist sicherlich ein Spieler mit großen Talenten, aber so einen Querkopf perfekt einzubauen, braucht eine funktionierende Mannschaft. Man könnte sich mal überlegen, ob es sinnvoll ist, aus der ganzen Welt die Problemkinder des Fußballsports nach Bremen zu holen, um dort im gesunden Reizklima einer Hansestadt ihre Persönlichkeit weiter zu entwickeln.

Nachdem die Abwehr noch nie das Prunkstück war, tut es jetzt doppelt weh, wenn dauernd Großchancen versemmelt werden, mal von Almeida, mal von Arnautovic, mal vom vor dem Tor überhasteten Marin. Nur Pizarro ist da sehr zuverlässig. Die Bremer könnten jetzt die Gunst der Stunde nutzen und in aller Ruhe eine vernünftige Defensive aufbauen. Mit ihrem schönen Offensivspiel ist dieses Jahr eh nichts mehr zu gewinnen. Als erstes sollten sie einen soliden Linksverteidiger finden. Eichner wär in der Winterpause wohl zu haben und würde als mannschaftsdienlicher, bodenständiger Typ sehr gut in das wetterfeste Profil der Bremer passen. Auch Madlung kann wesentlich mehr, als ihm sein jetziger Verein augenscheinlich zutraut. Im Gegensatz zu Mertesacker ist er außerdem äußerst torgefährlich für einen Innenverteidiger. Einen zweiten sehr guten Sechser fände man vielleicht in Leverkusen. Die haben auf der Position ein deutliches Überangebot.

Für Stuttgart könnte es trotz der Schierigkeiten reichen. Die scheinen mir noch nicht wirklich stabil mit dem neuen Trainer Keller. Die Europa League sollte da nicht blenden.

Siegenthaler, McClaren, Broich – Hin und Weg

Urs Siegenthaler ist jetzt doch nicht im Vorstand beim HSV, nicht unbedingt ein gelungener Einstand für das Mastermind des 2006er-Teams. Wie war das noch einmal mit dem Wechsel vom Verband in einen Verein? Herrlich, Rutemöller, Dörner? Wenn Daytrader Hoffmann sagt, der HSV sei noch auf der Suche nach seinem Schaaf, sollte er sich vielleicht daran erinnern, dass Schaaf, als er anfing, noch nicht Der Große Schaaf war, sondern ungefähr so unbekannt wie dieser Dings…der Interimstrainer bei Hamburg, der jetzt zu RB Salzburg geht, weil er keinen großen Namen hat, Manuz, Meniz, Munoz oder so ähnlich. Schaafs kann man nicht verpflichten, sie müssen reifen, im eigenen Saft, im eigenen Haus.

Dafür ist Dieter Hoeneß fündig geworden: Steve McClaren wird neuer Trainer in Wolfsburg. Wie die niederländische Zeitung TC Tubantia exklusiv meldete: Steve McClaren heeft een contract voor twee jaar getekend bij de Duitse voetbalclub Vfl Wolfsburg. Dat heeft hij vanmorgen exclusief aan de sportredactie van TC Tubantia laten weten. Ein geiles Land, in dem Zeitungen heißen wie Kampfschiffe der galaktischen Zerstörerklasse. Kein Wunder, dass die dort alle Fußball wie im Rausch spielen. Einziges Problem: Wer in Deutschland McClaren hört, denkt sofort Mercedes. Eine schwere Hypothek für die Tätigkeit in der Volkswagenstadt. Andererseits: Hans Meyer war auch mal in Enschede.

Egal, wo Nürnberg nächste Saison spielt, Thomas Broich ist nicht mehr dabei. Mag sein, dass er ein technisch begabter Feingeist und Individualist ist, für den Abstiegskampf war er denkbar ungeeignet. Jetzt wird Broich nach Australien zu Brisbane Roar wechseln. Ob die eher rustikale australische Spielweise ihm mehr liegt als der Bundesligakeller bleibt abzuwarten. Volles Roar voraus und alles Gute. Viel wichtiger ist, dass der australische Nationalspieler Vidosic vom anderen Ende der Welt, genauer gesagt aus Duisburg wieder zurück an die Noris kommt. Mineiro übrigens, darf Schalke ablösefrei verlassen. Im August 35 Jahre, 300 Ligaspiele, 24 Länderspiele, defensives Mittelfeld, erfahren, umsichtig, kampfstark, quasi ein brasilianischer Galasek. Mineiro und Ottl würden eine wunderbare Doppelsechs abgeben.