Leihfix statt Verleihnix am Valznerweiher

Am Tag des Derbys Club – Bayern verstieg sich Christof Kneer (SZ) zu der Aussage: „Dieser Tage sind die Bayern mit diversen Ausleihgeschäften gar eine Art Entwicklungshelfer für den fränkischen Rivalen.“ Es stimmt zwar, dass Breno und Ottl in der schwierigen Saison 2009/10 einen Beitrag zum Klassenerhalt geleistet haben und Ekici in der Vorsaison auch ganz gut war. Allerdings ist Bayern nur einer von vielen Vereinen, mit denen Nürnberg klug und planvoll Geschäfte macht. Hegeler, Risse und Reinartz kamen auf Leihbasis aus Leverkusen, Schieber und Didavi aus Stuttgart, Choupo-Moting vom HSV. Sie waren allesamt wichtige Ergänzungen, manchmal sogar Leistungsträger. Mit dem Risiko, jedes Jahr wesentliche Spieler zu verlieren, weiß der Club umzugehen. Es ist zwar ärgerlich, wenn Choupo-Moting und Risse als unabkömmlich zum Hausverein zurückbeordert werden, um dann alsbald an Mainz, einen Mitkonkurrenten um Platz 8 bis 15 weitergereicht zu werden, aber der Club leiht ja nicht nur Spieler aus.

Durch die Verkäufe von Diekmeier (HSV), Wollscheid (Leverkusen), Kluge (Schalke) und Gündogan (Dortmund) sowie schon vorher Kießling (Leverkusen), Vittek (OSC Lille) und Saenko (Spartak Moskau) hat sich der Club – ohne Entwicklungshilfe – nahezu schuldenfrei gemacht. Mit Eßwein, Chandler, Pekhart, Cohen, Nilsson, Simons, Frantz, Maroh sowie natürlich Schäfer und Pinola hat er einen soliden Stamm fest unter Vertrag, Feulner und Balitsch waren echte Schnäppchen. Längst hat es sich herumgesprochen, dass man in Nürnberg als junger Spieler überdurchschnittlich gute Entwicklungschancen hat. Mendler, Mak und Wießmeier sind Spieler, die vor dem nächsten Schritt stehen, Bunjaku ist ein Knipser auf Abruf.

Zuletzt waren es eher die Bayern-Verantwortlichen als die Clubfans, die nach einem Derby Grund hatten, vor Wut zu schäumen. Nach dem 1-1 2011 wurde van Gaal entlassen, das 3-0 im Jahr 2007 mit einem Tor des Ex-Löwen Markus Schroth war ein beeindruckendes Willkommensgeschenk für den gerade reaktivierten Trainer Hitzfeld.

Feulner spielte übrigens bis 2004 auch für die Bayern, ehe er über Köln, Mainz und Dortmund zum Club kam. Wer Kneer auf Teufel komm raus zustimmen will, wird in diesem Werdegang einen Beweis für seine These sehen.

Die Fehler im Erfolg

Letzte Woche war zu lesen, der Club lasse sich Zeit mit einem neuen Vertrag für Andy Wolf, heute schreibt der kicker über den bevorstehenden Abschied von Mintal am Saisonende. Die beiden sind neben Pinola und Schäfer zwei der vier Pokalsieger von 2007. Im Anschluß nach dem Titel ging Schäfer – lange geplant – zum VfB Stuttgart, der Club stieg ab. Schäfer kam zurück, weil er in Schwaben im falschen Film war, der Club stieg auf  und spielt heute neben Dortmund und Mainz den schönsten Fußball der Liga. Pinola wollte gehen und die fränkischen Sozialromantiker starteten eine einmalige Solidaritätsaktion, Pinola blieb. Als er in der Hinrunde gesperrt war, verlor der Club dreimal in Serie. Trotz Gündogan und Schieber ist Pinola bisher mein Spieler der Saison.

Der Club sollte alles tun, um Wolf und Mintal zu halten. Nicht aus Sentimentalität, sondern weil sie für das Gefüge und die Dynamik der Mannschaft unerläßlich sind. Mintal ist zwar nicht so schnell wie die jungen Hüpfer, Wolf ist technisch nicht so gut wie Wollscheid oder Maroh, aber keiner weiß, wer von den Jungen bleibt und wie lange ihre absehbaren Durchhänger dauern werden. Und wenn sie bleiben, brauchen sie noch ein paar Jahre, um so stabil zu werden wie glorreichen Vier. Wolf spielt seine beste Saison, ist torgefährlich wie nie und Mintal hat weder das Toreschießen noch das Lückenfinden verlernt. Wie Podolski ist er ein Guter-Laune-Fußballer. Wenn Hecking ihm die vermitteln kann, wird er auch wieder knipsen, egal wieviel er läuft. Bevor er sich in der Zweiten Liga die Ochsentour antut, sollte Mintal den Entwicklungszyklus der nächsten beiden Jahren lieber in Nürnberg mitmachen.

Apropos Fehler im Erfolg. Gestern dachte ich, die Jecken machen Überstunden, als ich das in der WAZ über Magath gelesen habe. Aber offenbar reißt die Schalker Geschäftsführung gerade mit dem Arsch wieder ein, was sie in den letzten knapp zwei Jahren aufgebaut hat. Was wollen die eigentlich? Eine Bundesligatorfabrik ohne Abwehr? Schalke hat 29 Tore geschossen, Stuttgart 43 und steht auf einem Abstiegsplatz. Und was ist der Maßstab für eine Mannschaft im Umbruch? Das Kasperletheater beim HSV? Die kapriziösen Bayern? Die wackeligen Bremer? Die ausgebrannten Wolfsburger? Leverkusen arbeitet seit Jahren im obersten Bereich der Seriosität und ist von Schalke so weit weg wie Omas Sparstrumpf von der Bayerischen Landesbank. Und für Dortmund wird das Jahr nach dem Rausch der Maßstab sein, was richtige Entscheidungen angeht.

Schalke steht im Pokalfinale und hat in diesem Wettbewerb gegen Nürnberg und Bayern richtig gute Spiele gemacht. In der CL waren sie zu Hause sowieso erste Sahne und auch wenn sie in der Liga immer wieder zum Abgewöhnen spielen, eine Mannschaft ist im Entstehen, das ist deutlich zu sehen. Magath hat tatsächlich den göttlichen Raul nach Gelsenkirchen-Buer gelockt, nach Ebbe Sand spielt wieder ein ganz Großer der Zunft in Königsblau. Und wie er spielt. Was für ein Coup. Ablösefrei. Zinédine Zidane in Osnabrück. Mit Papadopolous, Gavranovic und Escudero tummeln sich schon die nächsten hoffnngsvollen Talente auf der großen Bühne, Kluge war ein Super-Transfer, Jefferson „Airplane“ Farfan wird langsam Weltklasse. Muss man sich da über Charisteas und Karimi  und Magaths knorrigen Humor streiten? Schalke braucht jetzt noch zehn Punkte aus neun Spielen, um sicher die Liga zu halten und hat alle Möglichkeiten, die Saison zu veredeln. Ich bin mir sicher, in der nächsten Transferperiode bleibt die Mannschaft im Kern zusammen. Wenn Magath bleibt. Aber Magath muss bleiben.

Die Zahnfee auf Bewährung räumt ab

Der fast wortgetreue Live-Tweet vom Mittwoch Abend.

5. Min. Schalke gegen Lyon ist bereits im vollen Gange. Hallo und herzlich willkommen zum Champions-League Live -Tweet.

9. S04 schon mit mehr schönen Offensivaktionen als in der ganzen letzten Saison. Aber noch nicht konsequent genug zu Ende gespielt.

13. Und da ist es schon passiert. Raul wuselt sich im Strafraum an zwei Leuten vorbei, steckt irgendwie auf Farfan durch,
1-0 für S04.

16. Bisher alles über rechts bei S04, aber bisher noch keine richtig gute Flanke. Mit Kluge über links wird es wohl nicht
sehr offensiv.

20. 2-0. Ich nehme alles zurück, Kluge mit genialer Vorarbeit für Huntelaar, 2-0 für S04. Lyon erlebt ein Wunder in
Königsblau.

24. Weiterhin ein sehr lebendiges Fußballspiel. Lyon nicht in Schockstarre, aber auch ohne echte Geistesblitze gegen die
Schalker Abwehr.

28. Raul spaziert durch den Strafraum von Lyon wie Terminator 2 durch Gitterstäbe. Nicht zu fassen, nicht zu stoppen. S04
richtig gut.

30. Ups, Gelb gegen Farfan, und das ist korrekt, er springt vor Lloris ab. Der Peruaner fehlt S04 gegen Lissabon.

33. Ich denke, die Gelbe Karte geht in Ordnung, er springt ab, und spekuliert auf Elfer und Rot für den Goalie.

34. Hoffentlich ist S04 nicht so unbedarft wie die Bayern. Die hatten gestern auch schon ein 2-0.

37. Lisandro Lopez holt über links eine Ecke raus. Neuer hat den Ball.

38. Farfan sollte sich jetzt bloß nicht auf Scharmützel mit dem Schiri einlassen. Mit zehn Mann wäre es schwer für S04.

40. Lyon wird über links stärker, aber die Bälle kommen (noch) nicht nach innen. Aufpassen, S04.

43. Magath ruft vorsichtshalber zur Ordnung, aber er kann sehr zufrieden sein mit S04. Auch Jones spielt sehr ordentlich.

45. Jurado geht ab durch die Mitte, aber er läuft sich fest. 1 Minute Nachspielzeit, 2-0 für S04.

Halbzeit. Lyon wird kommen, S04 muss die ersten 20 Minuten nach der Pause überstehen. Glückauf.

46. Und weiter geht’s. Lyon bringt den neuen offensiven Gomis, Schalke muss noch 45 Minuten dagegen halten.

50. Schalke spielt gut gegen den Ball, sehr laufstark, der Ballführende bei Lyon fast immer gedoppelt.

53. Der Reporter bei Sat 1 nennt Jones „die Super-Nanny im defensiven Mittelfeld“. Mich erinnert er an die Zahnfee auf
Bewährung.

54. Schalke stellt sich nicht hinten rein, sondern spielt auf das 3-0. Richtig so.

56. Interessant die ganzen internationalen Tweets, die sich vor allem mit Raul beschäftigen. Plötzlich ist Schalke eine
Weltmarke.

60. Die erste Abwehrreihe von Schalke steht 15 Meter in der Hälfte von Lyon – und holt jetzt eine Ecke heraus.

63. Matip soll kommen bei Schalke. Ist das die Chronik eines angekündigten Kopfalltors nach einer Standardsituation?

65. Jones kriegt Gelb für ein taktisches Foul, und Edu kommt für Farfan.

68. Lyon kommt langsam auf Touren, meistens über links. Matip kommt, und Schalke muss ein bißchen mehr tun.

69. Jurado macht nicht viel falsch, aber ist jetzt auch nicht der Spieler, der dem Spiel seinen Stempel aufdrückt.

70. Matip für Jones. Magath wäre mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn er Jones im Winter abgibt.

72. Lyon mit gefährlicher Flanke von der Grundlinie, in der Mitte aber kein Abnehmer.

75. 2-0 für Tel Aviv, Sababah!

78. Überall Tweets von verzweifelten Werder-Fans und orakelnden Bayern-Fans, die einem erklären, dass ein 2-0 schnell
verspielt ist.

80. Toulalan senst Jurado um, kriegt ein gnädiges Gelb.

83. Werder jetzt 0-3 in Tottenham, Ohjehmineh. Schalke geht weiter zielstrebig Richtung Achtelfinale.

88. Manni Breuckmann würde jetzt sagen: Der Drops ist gelutscht.

89. 3-0! Huntelaar serviert den Nachtisch. Ein zum Lupfer abgefälschter Schuß. Schalke, voll Laser wie du abgehst.

Schlusspfiff. Und die Null steht. Schalke schlägt Lyon 3-0. Farfan sagte im kicker, die Krise sei vorbei. Weiter so, S04.

Gute Nacht an alle Fußballfans und stellt ein Kerzlein ins Fenster für Thomas Schaaf. Er sollte die Kurve kriegen dürfen.