Gerechtigkeit für Ronny…

…und alle anderen Profis aus Südamerika.

Am Sonntag beim Spiel gegen Nürnberg, da war sie auf Sky wieder zu hören, die ultimative Phrase gegen alle Südamerikaner: Der Spieler Ronny von Hertha kam angeblich mit Übergewicht aus dem Urlaub zurück, „weil er zu viel Party gemacht hatte“. Erstens machen im deutschen Sportjournalismus grundsätzlich nur Südamerikaner Party. Polnische, tschechische, niederländische Profis können alle nicht tanzen, wohingegen der Brasilianer als solcher, kaum dass er die Gangway verlassen hat, drei Wochen lang pausenlos abhottet und dazu ebenso pausenlos futtert. Denn wer Party macht, verbrennt eigentlich Kalorien. Schon gewußt?

Ich denke, Ronny ereilt das Schicksal, das wir alle aus der Weihnachtszeit kennen. Jetzt ist er endlich da, der Bub, aus dem fernen Europa. Und alle wollen ihn sehen. Die sieben Tanten und fünf Onkels laden den Gast zum Essen ein, und wehe, er kommt nicht. Wenn er hilfesuchend mit seinem Trainingsplan wedelt, dann blitzen die Augen der Mutter und sie sagt: Tante Amelia hat dir deinen ersten Ball geschenkt, du kannst ihre Einladung unmöglich ablehnen, du undankbarer kleiner Vollprofi du. Kaum in der großen Welt, schon vergisst er die Familie. Und wenn du zu Tante Amelia gehst, dann langst du auch ordentlich zu, hast du mich verstanden. Du machst Leistungssport, du musst viel essen.

Dann finden Geburtstagsfeiern statt, die einen feiern nach, damit der Gast aus Europa dabei sein kann, die andern feiern vor. Überall üppige Kuchen und Desserts. Wenn er gerade mal nicht essen muss und glaubt, einen Dauerlauf machen zu können, muss er im Garten helfen, Möbel schleppen, Lebensmittel einkaufen. Außerdem neugeborene Babys bewundern, auf den Friedhof gehen. Keine Sekunde Zeit bleibt für irgendwelche Trainingspläne. Wenn er im Flieger zurück nach Deutschland Platz nimmt, passt er kaum noch zwischen die Armlehnen. Er weiß, der Trainer wird das nicht gut finden, die Jounralisten haben ihre Pfeile schon im Köcher. Aber was ist schlechte Presse, was ist die Ersatzbank schon im Vergleich zu den heißen Tränen seiner Mutter, zum gebrochenen Herz von Tante Amelia?

Also: Respekt für kleines dickes Ailton und seine Nachfolger. Die Familie geht ihnen über alles.