Urmel Busters auf Kaperfahrt

Augusburg spielt im Moment seinen besten Fußball seit Helmut Haller, Trainer Weinzierl kennt den Inhalt seiner Puppenkiste aus dem Öfföff. Gegen den FCA muss der Club am Sonntag trotzdem punkten. Es hilft nichts, wenn sich Verbeek nicht rasiert, bis Ginczek wieder auf dem Platz steht. Gertjan, der Graue schafft es vielleicht sogar, den ständig schlamperten Mak ein bißchen besser einzustellen. Oder Pekhart kriegt endlich mal ein paar gute Flanken. Oder ein Schuß von Feulner aus der zweiten Reihe reicht, weil die Abwehr absolut fehlerfrei verteidigt.

Auf die chaotischen Zustände beim HSV sollte sich der Club auf keinen Fall verlassen. Wobei, was der HSV im Moment abliefert, stellt manchen Tiefpunkt der Außendarstellung des FCN nebst Schalker Kreisel- und Kölscher Klüngeleien locker in den Schatten. Ein Verein zerfleischt sich in Echtzeit auf offener Bühne. Keine Spur vom Klischee der „kühl rechnenden hanseatischen Kaufleute“, das bei Bremen und beim HSV gerne bemüht wird. Als ob in 500 Jahren Hanse nie einer Pleite gemacht hätte.  Irgendwann wird James Cameron dieses Drama verfilmen. Mit Leonardo di Caprio als Rafael van der Vaart und George Clooney als Bert van Marwijk. Was für ein Stoff, was für ein Drama.

Aber darauf darf sich Nürnberg nicht verlassen. Wenn es am Sonntag 3-0 für die Bärte (Tore: Nilsson, Plattenhardt, Pekhart) hieße, wäre dies ein weiterer wichtiger Schritt aus der unmittelbaren Gefahrenzone.

Saisonvorschau: Fröhliche Kellergeister – Augsburg, Hoffenheim, Berlin, Braunschweig

Man mag sich gar nicht vorstellen, wo Augsburg landen könnte, wenn sie einmal eine halbwegs ordentliche Hinrunde absolvieren würden. In der Rückrunde waren sie in der letzten Saison Siebter, einen Punkt hinter den Überfliegern aus Freiburg. In jedem Fall wird Augsburg wieder die Klasse halten, vermutlich unter weniger dramatischen Umständen als in den letzten beiden Jahren. Die Mannschaft ist extrem nervenstark, Reuter und Weinzierl wissen um ihre Möglichkeiten, alle lieben ihr Image als ewige Underdogs. Auch der Abgang von Oehrl und Langkamp sowie die Verletzung von Manninger ändern nichts daran. Urmel bleibt erstklassig.

Hoffenheim traue ich eine ähnliche Saison zu wie Gladbach nach der erfolgreichen Relegation gegen Bochum. Gisdol hat seinen Spielern die nötige Demut eingeimpft, um erfolgreich zu sein, und von Rudy über Firminho bis Volland und Vestergaard haben die Hoffenheimer zahlreiche überdurchschnittliche Einzelkönner in ihren Reihen. Hinzu kommt eine neue mannschaftliche Geschhlossenheit. Wer am letzten Spieltag in Dortmund gewinnen muss und das auch schafft, der hat das erfolgreiche Schlüsselerlebnis gehabt, um als Mannschaft auf ein anderes Level zu kommen. Seit Gisdol Trainer ist, hat das Klischee vom Retortenverein deutlich an Überzeugungskraft verloren. Er ist einer der expressivsten Vertreter der Trainerzunft, wer so jemanden an der Seitenlinie hat, kann nicht die Kopfgeburt eines Großsponsors sein.

Die Hertha ist wieder da. Diesmal als souveräner Zweitliga-Meister. Ob’s reicht für mehr als eine Saison? Babbel galt nach dem Aufstieg auch als Erfolgsgarant, dann kam der Streß mit Preetz, in der Rückrunde der Abstieg. Dass Luhukay nicht ohne weiteres der Aufstiegsmannschaft vertraut, sondern mit Ronny und Niemeyer gleich mal zwei Schlüsselspieler in Frage stellt, muss kein Fehler sein. Es zeigt auch, dass Preetz seine Hausaufgaben gemacht hat, und die vier Neuzugänge Baumjohann, van den Bergh, Hosogai und Langkamp nicht nur eine Menge Erstligaerfahrung mitbringen, sondern auch die Möglichkeiten für Luhukay erhöhen. Wenn Trainer und Manager sich nicht wieder in einen sinnlosen Prestigekampf verbeißen und die leicht erregbare Lokalpresse nicht gleich überdreht, sieht es nicht schlecht aus mit dem Klassenerhalt.

Braunschweig plagt das gleiche Problem wie die Fürther im letzten Jahr: Im Sturm haben sie zu wenig Durchschlagskraft. Auch die Rückkehr von Kumbela wird daran nichts ändern. Braunschweig hat anders als die Kleeblättler allerdings ein Heimpublikum, das für den einen oder anderen Sieg sorgen kann. Mit Fanatismus ist die Stimmung nur unzureichend umschrieben. In der Stadt Heinrich des Löwen hat man mehr nach der Bundesliga gelechzt als in Düsseldorf, Augsburg, Wolfsburg, Berlin und Cottbus zusammen, um mal ein paar Aufsteiger der letzten Jahre zu nennen. Trotz der psychologischen Unterstützung  von den Rängen wird es für Braunschweig nicht reichen. Aber wie für viele andere Traditionsvereine kann es dann nur heißen: Nach dem Abstiegskampf ist vor dem Aufstiegskampf.