Das Wunder von Mailand – Werder nur 0-4

Es wird nach einem happy end im Film jewöhnlich abjeblendt„, dichtete Kurt Tucholsky dereinst, obwohl er gar nicht in der Sportredaktion tätig war. Nach dem 3-0 für Inter habe ich auch abjeblendt, besser konnte es gestern für Werder nicht mehr werden. Ohne Frings, Naldo und Pizarro und mit einem immer noch wackeligen Mertesacker war da nichts zu wollen. Diese Prödls, Silvestres und wie sie alle heißen, irrten durch den eigenen Strafraum wie chloroformierte Hummeln. Klar, es gibt auch noch ein Rückspiel, aber wenn sie nicht beide Spiele gegen Enschede gewinnen, wird es sehr schwer für die Grün-Weißen. Es wird eine gefährliche Saison. Warum, wer Diego und Özil verkauft und Allofs als Manager hat, keinen einzigen vernünftigen Abwehrspieler verpflichtet, bleibt ein Rätsel.

Schalke dagegen kommt so langsam auf Touren, vor allem Huntelaar ist ein echter Volltreffer, er paßt gut zu diesem Verein mit seiner körperbetonten und mannschaftsdienlichen Spielweise. Wie Asamoah, aber torgefährlich. Jede Menge Glück hatten sie auch, aber wer 73 Minuten lang die Nerven behält, wird mit solchen Stürmern irgendwann belohnt. Besonders freut es mich, dass Jones wieder auf dem Damm ist. Nur Pander scheint die Kurve nicht mehr zu kriegen, das ist sehr schade.

Es hat nur noch gefehlt, dass Thorsten Fink mit Autogrammwünschen an die Bayern herangetreten wäre. Selten war ein Trainer nach einer Niederlage gegen so still vergnügt und ehrfurchtsvoll wie der Matchwinner des CL-Finales von 1999. Bayern ringt einen international zweitklassigen Gegner in der 89. Minute nieder. Das ist schon der zweite Befreiungsschlag nach dem 2-0 gegen Rom. Danach gab es dann ein 0-0 gegen Köln. Mit diesem Ergebnis wären die Bayern in Dortmund vermutlich hoch zufrieden. So lange einer der Innenverteidiger van Buyten heißt, muss man mit dem Gewinn der CL nicht ernsthaft rechnen. Man stelle sich vor, der gegen Eto’o.

Das bißchen Haushalt macht sich von allein…

„Die Organisation ist perfekt. Man muss sich keine Sorgen machen, weil schon für alles gesorgt ist.“

So beschreibt Sami Khedira die neue Dimension seines Berufs bei Real Madrid. Und in der Tat, in der Bundesliga haben die Spieler ganz andere Sorgen. Dass sie in Freiburg zu Beginn jeder Trainingseinheit erst einmal alle eine Stunde auf dem Trimmrad strampeln müssen, damit die Flutlichtmasten genug Saft am Wochenende haben, kann in einer Stadt, die von Müslis und Studenten regiert wird, nicht verwundern. Aber wer kennt schon die grimmigen Details vieler anderer Bundesligisten. In Dortmund springt Weidenfeller regelmäßig als Busfahrer ein, wenn der Etatmäßige mal wieder verschlafen hat. Auf Schalke muss Farfan die Linien ziehen, was nicht so einfach ist, wenn der Platzwart wieder Kreide gefressen hat. In Köln mäht Podolski gemeinsam mit Geißbock Hennes den Rasen. In München wird im Schichtdienst die empfindliche Außenhaut der Arena geschrubbt und beim HSV müssen die Spieler nach dem Essen sogar ihr Geschirr selbst zurücktragen. Damit hat Khedira jetzt nichts mehr am Hut. Nur die Autogramme schreibt er noch selbst..äh…denk ich jetzt mal.

Herrn Jogis Gespür für Personalentscheidungen

Wirklich elegant, wie der Bundestrainer die Causa Kuranyi erledigt hat. Dass Kuranyi mit Löws kombinantionsbetontem Spiel Schwierigkeiten hätte, mag sein. Dass es einer deutschen Mannschaft in einem Turnier nicht schaden kann, einen Stürmer zu habe, der die Bälle am eigenen Strafraum holt und nach Ecken Tore schießt, ist auch unstrittig, aber Herr Löw hat andere Pläne. Fragt sich nur, welche.

Wenn Gomez wirklich zur WM mitfährt, dann ist das Leistungsprinzip endgültig passé. Er war im Van Gaalschen System immer ein Fremdkörper und hat zwar einige Tore geschossen, eins mehr als Farfan in seinem ersten Jahr auf Schalke, als dieser dort noch als Fehleinkauf abgestempelt worden war, um genau zu sein, aber die Vereinigten Arabischen Emirate sind halt nun mal nicht dabei in Südafrika. Klose würde ich auch auf einer Trage im Ganzkörpergips mitnehmen, er ist ein besonderer Spieler und kann den Unterschied machen. Helmes fällt mit Sicherheit raus, er war auch ohne Verletzung nur Ergänzungsspieler. Kießling wird seine Chance bekommen, er hat in der obligatorischen Leverkusen-Krise Steherqualitäten bewiesen, außerdem ist er vielseitig, ein Ballschlepper und Vorlagengeber. Bleibt die Frage Cacau oder Podolski. Blogger probek hatte bereits in der Hinrunde erhebliche Einwände, als ich Podolski das Potenzial attestiert habe, ein zweiter Zidane zu werden. Und der Verlauf der Saison hat dem Kollegen aus München vollumfänglich recht gegeben. Allerdings war Podolski dann wenigstens besser als schlecht, wenn er nicht nur Stürmer spielte, sondern das ganze Spielfeld zu seinem Terrain machte, im Mittelfeld defensive Zweikämpfe gewann, von hinten anschob, also sich ganz wie ein drittklassiger Zidane benahm. Trotz der mißratenen Saison würde ich ihm wegen seiner Vielseitigkeit den Vorzug vor Cacau geben, außerdem hat er in der Nationalmannschaft eine ganz andere Vita als im Verein, quasi ein umgekehrter Ulf Kirsten.