Saisonvorschau: Rot-Grün will nach oben – Wolfsburg, Stuttgart, Mainz, Bremen

Mit Klaus Allofs und Dieter Hecking hat Wolfsburg eines der besten Manager-Trainer-Teams der Liga. Nach den Magath-Jahren mit wilden Transfers kreuz und quer über den Globus gibt es mit Arnold endlich mal einen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs, der in eine tragende Rolle hineinwachsen könnte. Ob das eine Ausnahme ist oder der erste Schritt zu einer langfristigen Jugendarbeit muss man sehen. Dabei hat der Verein immer noch genügend Geld, um mit den Bayern über Luiz Gustavo zu verhandeln. Diego, Olic, Naldo, Dost, das sind alles Spieler, die im letzten Jahr nicht annähernd ihre Möglichkeiten abgerufen haben.  Hecking hat eine klare Spielidee und in Wolfsburg für deren Umsetzung ganz andere Möglichkeiten als in Nürnberg oder Hannover. Mit Wolfsburg ist in jeder Hinsicht wieder zu rechnen, auch wenn sie den Coup von 2009  nicht wiederholen werden können. Die Wölfe werden sich verbessern, zwischen Platz 4 und 9 ist alles möglich.

Heimlich,still und leise geht der konsequente Umbau in Stuttgart voran. Neues Präsidium, neues Stadion, neue Spieler. Das Duo Bobic/Labbadia hat sich gefunden und arbeitet sehr zielstrebig und unaufgeregt weiter. Mit dieser Saison kommen neue Nachwuchsspieler (Rüdiger, Khedira II) in die erste Mannschaft, ebenso wie kluge Neuverpflichtungen (Schwaab, Rausch, Abdellaoue) und langzeitverletzte Rückkehrer (Cacau, Tasci). Mit Ulreich, Gentner und Ibisevic haben die Schwaben eine eingespielte Achse. Labbadia ist extrem ehrgeizig und hat sich den Respekt der Fans Stück für Stück erarbeitet. Auch der VfB hat gute Chancen, einige Plätze weiter oben zu landen als im Vorjahr. Daran wird auch eine mögliche Zusatzbelastung durch die Europa League nichts ändern.

Mainz hat mit Thomas Tuchels Entscheidung für Heinz Müller die wichtigste Baustelle im neuen Kader geklärt. Nicht nur deswegen werden die 05er wieder wesentlich unangenehmer zu spielen sein als in der letzten Halbserie, als man mit 16 Punkten nur den 15. Platz der Rückrundentabelle erreichte.  Bis auf Dortmund gibt es keine andere Mannschaft, die die Spielvorstellung des Trainers so verinnerlicht hat wie Mainz. Den Abgang von Szalai wird die Mannschaft durch ihre Geschlossenheit kompensieren und vielen Gegnern gehörig auf die Nerven gehen – nicht durch Beton, sondern spielerisch ausgereiftes Gegenpressing. Ein einstelliger Tabellenplatz ist drin.

Es gibt ja aufregendere Beschäftigungen, als sich Vorbereitungsspiele im Fernsehen anzusehen. Aber als ich vor ein paar Wochen Bremen gegen 1860 München (1-1) sah, war ich mir sicher, dass Bremen wieder tief unten drin stehen wird. Könnte sein, dass es diesmal nicht mehr reicht. Es war nicht nur die Art wie sie gegen die Bayerischen Löwen spielten (gibt jetzt ja auch wieder Löwen in Niedersachsen)  – zerfahren, nicht mal ansatzweise als Team, nach dem Auslgeich der Sechzger geradezu wurschtig bis auf Mielitz – die permanente Schönrednerei von Dutt und Eichin ist erstaunlich. Freiburg spielt auch mehr als durchwachsen im Moment, aber Streich ist zu einer realistischen Einschätzung in der Lage. In Bremen haben alle das Wort Aufbruch in den Mund genommen – und der Lackaffe vom Dienst, Arnautovic, hat Thomas Schaaf noch hinterher getreten. Dass er glaubt, mit seinen bisherigen Leistungen für Manchester United interessant zu sein, personifiziert des Bremer Dilemma. Jetzt war es im Pokal genau so mies und nichtssagend wie in den Jahren zuvor. Mich erinnert diese Saisonvorbereitung an den Katastrophenauftritt von Michael Skibbe zu Beginn der vorletzten Rückrunde bei Hertha, der seine Mannschaft so sehr lobte, dass er nach fünf Niederlagen in Serie wieder gehen durfte. Nach den jetzigen Eindrücken ist Bremen Abstiegskandidat Nummer Eins.

 

 

 

Habe nun acht…

…Spieltage gesehen, und nach einem knappen Viertel der Saison ist es Zeit für eine kleine Zwischenbilanz. Teil Zwei folgt dann am Donnerstag.

Bayern München: Die Mannschaft tut alles, um die Frage offen zu lassen, ob Manuel Neuer auch in München Spiele gewinnen kann. Die Viererkette ist besser als im Vorjahr. Hätte das zweite Gegentor nach dem zweiten Neuer-Patzer in Wolfsburg gegolten, hätte Manchester City seine beiden Elfmeter bekommen, wäre nicht alles Heynckes, Freude, Eierkuchen. Meister wird die Mannschaft, die Rückstände dreht. Die Bewährungsproben kommen noch. Größte Überraschung: Kokspetze Hoeneß entdeckt plötzlich, dass es einen Rechtsstaat gibt. Wichtigste Frage: Wird Robben, wenn er weiter mault, an van Gaal ausgeliehen?

Werder Bremen: Endlich wieder Werder-Fußball, wie wir ihn schätzen. Mertesackers Weggang wurde kompensiert, Arnautovic trotz Roter Karte resozialisiert, Defensive mit Offensive austariert. Ohne lästige Demütigungen in der Champions League hat Werder in der Bundesliga noch Luft nach oben. Größte Überraschung: Fritz ist ein guter Kapitän. Wichtigste Frage: Bleibt Pizarro gesund?

Borussia Mönchengladbach: Wie schon am Ende der Saison an dieser Stelle erwartet, spielen die Gladbacher nach der erfolgreichen Relegation eine sagenhafte Saison. Mit ter Stegen haben sie den besten Torwart der Liga (Bayern-Scouts aufgepaßt). Favre hat die schlummernden Potenziale geweckt. Eberl ist  über Nacht vom Krisenmax zum Visionär gereift. Größte Überraschung: Mike Hanke ist ein Leistungsträger, schießt keine Tore und hält trotzdem die Klappe. Wichtigste Frage: Reicht es für Platz vier?

Schalke 04: Huub, Huub hurra. Rangnick hat enormen Mut bewiesen, jetzt ist es für Schalke besser gekommen, als man hoffen durfte. Stevens redet kokett von Platz zwei, aber trotz aller Verehrung der alten Helden mal ehrlich: Der Sturm mit Huntelaar und Raul ist eigentlich sogar noch ein bißchen stärker als der mit Sand und Mpenza. Größte Überraschung: Jermaine Jones ist wieder mit dabei und hat eine Frisur gefunden, die zu seinen Tattoos paßt. Wichtigste Frage: Wie bringt Stevens Fährmann in die Spur?

Hannover 96: Der Slomka-Express rollt weiter. Weniger abhängig von Ya Konnan, mit dem Schnäppchen des Jahrzehnts Pander als brandgefährlichem Überraschungsgast auf links. Wer Bremen 3-1 besiegt und dafür vom kicker die Spielnote 1,5 erhält, darf sich auf eine weitere große Saison freuen. Größte Überraschung: Kein Einbruch wegen der Europa-League, schon die Spiele gegen Sevilla waren erste Sahne. Wichtigste Frage: Wann bringt Jörg Schmadtke die Kunst des Inneren Lächelns endlich als Yoga-DVD raus?

Borussia Dortmund: Trotz des Verlusts von Sahin und der Verletzung von Barrios wirkt der Kader wieder sehr kompakt. Kleine Abnutzungserscheinungen sind vertretbar. Mit Perisic wurde wieder sehr gut eingekauft. Die Lüdenscheider brauchen noch ein wenig Anlaufzeit, dann werden sie noch weiter nach vorne kommen. Größte Überraschung: Der Punkt gegen Arsenal. Wichtigste Frage: Ob sie wenigstens ein Spiel in der Champions League gewinnen werden?

VfB Stuttgart: Das sieht jedenfalls nicht nach Horror-Hinrunde aus. Heimlich, still und leise malochen sich die Schwaben nach vorne. Und der notorische Überflieger Labbadia beweist nach der guten Rückrunde erneut Steherqualitäten. Mit den wiedergenesenen Bremern und den Schalkern mit Stevens wird ein internationaler Platz trotzdem schwer. Größte Überraschung: Boulahrouz ist in der Form seines Lebens. Wichtigste Frage: Wird Cacau fit?

1899 Hoffenheim: Stanislawskis guter Einstand zeigt, dass Provinz und Kiez im Grunde wesensverwandt sind. Eine gewisse Heimeligkeit sind beiden nicht abzusprechen. Trotz des Punktgewinns gegen Bayern an diesem Wochenende ist Hoffenheim vier Plätze zurückgefallen. Es ist eng im oberen Drittel. Größte Überraschung: Andi Beck hat seinen Vertrag verlängert. Wichtigste Frage: Wen wird Dietmar Hopp in dieser Winterpause heimlich verkaufen?

Bayer Leverkusen: Anders als die Schönspieler von der Säbener Straße hat Leverkusen die ersten Rückschläge (Pokal, CL, Schönspieler von der Säbener Straße) bereits verdaut. Dutt erweist sich als ebenso lernwillig und teamfähig wie Ballack. Dass Rangnick in der Lage war, offen über seine Schwäche zu reden und das Handtuch vor dem totalen Zusammenbruch schmeißen, verdankt die Liga wie so vieles andere übrigens Ballack. Er hat es geschafft, ein Weltklassespieler zu sein, und dabei dem Scheitern nicht auszuweichen. Größte Überraschung: Die Entschlossenheit, sich nach oben durchzukämpfen. Wichtigste Frage: Ballack wird seine Kritiker eines Besseren belehren. Aber wie?

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Das war super, das war elegant

Das 3-2 gegen Brasilien, das schönste Länderspiel der deutschen Mannschaft seit dem 4-o gegen Argentinien. Götze macht Spass. Er hat Spielfreude und zwei fixe Füßchen, die zu jeder positiven Überraschung fähig sind. Nicht nur das 2-0 war toll. Da wundert es nicht, dass sein Vorbild Zidane gewesen ist.

Genauso macht es Spass, Lahm zuzusehen. Seit sieben Jahren spielt er auf der schwierigsten taktischen Position, die es gibt, konstant internationale bis Weltklasse. Auch wenn er aussieht wie everybody’s Schwieger- oder Enkelsohn, ist das einfach überragend. Und er ist nach wie vor mit vollem Herzen dabei.

Anders dagegen Gomez. Der kann auch 40 Tore in einer Saison schießen, er wird immer nur ein langweiliger Verrichter bleiben. So wie Amoroso. Der schoß den BVB zwar zur vorletzten Meisterschaft und wurde Torschützenkönig, war ansonsten aber völlig belanglos. Der Konrast zwischen Klose und Gomez war unglaublich. Klose ist einer der großartigsten Spieler, die je in Deutschland einen Ball bewegt haben, hoffentlich ist er bei der nächsten WM noch einmal dabei. Schade, dass er nicht zu Kaiserslautern gegangen ist. Gut, dass er nicht mehr bei den Bayern versauern muss.

In einer Einstellung waren kurz „Helmut“ Cacau und „Illy“ Gündogan nebeneinander auf der Ersatzbank zu sehen. Zwei ehemalige Clubberer in der Nationalmannschaft, und Didavi und Esswein in der Startelf der U 21. Da zwickt sich der Fachmann doch und der Laie reibt sich die Augen.