Katongo, verzweifelt gesucht

Bei all den Mannschaften des Tages, Men of the Matches und Superlativen des letzten Spieltags taucht Christopher Katongo von Arminia Bielefeld erstaunlicherweise nicht auf. Selbst der kicker ignoriert ihn. Özil vom Verlierer Bremen hat die Note 2,5, Katongo vom Sieger Bielefeld die 2. Özil ist in der Elf des Tages, Katongo nicht. Dabei war er spielentscheidend. Vor dem Einsnull der öffnende Pass auf rechts, der die Bremer Abwehr ins Taumeln brachte. Vor dem 2-1 luchste er Frings den Ball ab. Dazu gehört in diesen Tagen nicht viel, die Werder-Krise ist auch eine Frings-Krise. Aber Katongos perfekter Pass aus der Drehung auf Wichniarek war überragend. Als Bremer hätte er es in die Elf des Tages geschafft. Einige hielten Katongo nach der Hinrunde schon für einen Fehleinkauf, dabei zeigte er am Sonntag eine hervorragende Spielübersicht und einen Instinkt, der ihn bewog, genau im richtigen Moment auf Frings drauf zu gehen.

Die beiden Sonntagsspiele waren erfreulich gut, vielleicht sollte ich meine Abstiegsprognose noch korrigieren. Bochum bleibt, der KSC geht. Die Chancenverwertung der Badener ist mieser als die von Leverkusen und Schalke zusammen, alles wirkt fleißig, aber planlos. Klimowicz ist genau der Spieler, der Bochum gefehlt hat, auch so ein Unterschätzter.  Ort des Geschehens war die Bluesgarage, ein entdeckenswertes Etablissement Monumenten, Ecke Hochkirchstraße, schräg gegenüber von der Scheinbar. Am Samstag wurde dort Premiere angestöpselt, am Sonntag dann gleich Fußball. So soll das sein. Trotzdem kamen Leute vorbei, die lieber Handball-WM kucken wollten. Ich befürworte schon seit langem die Einrichtung von Handball-, Rollhockey- und Synchronschwimmkneipen, um dort in aller Ruhe der persönlichen Obsession zu frönen, meist tut es schon eine gemütliche Telefonzelle. Auch wenn die Welt des Rollhockeys schon immer einen ungeheuren Reiz auf mich ausgeübt hat, einen Bundesligaklassiker wie Bremen gegen Bielefeld würde ich dafür nicht eintauschen. Wann geht schon mal ein Rollhockeyspiel 8-1 aus? Demnächst soll es in der Bluesgarage zweimal Premiere geben, einmal für Hertha, einmal für alles andere, also so wie früher im Malheur Gneisenau, Ecke Solms, das leider nicht mehr ist. In der Bluesgarage gibt es außerdem den Super Bowl und andere Americana, und immer mittwochs Live-Musik.  Über Bier und Bouletten kann ich nichts sagen, aber der Tee wird frisch gezapft serviert. Der Wirt ist Freiburgfan, und darf sich mindestens bis zum kommenden Wochenende an der Tabellenführung, am Ende vielleicht gar über das Meisterschälchen freuen. Fehlt nur noch der passende Spoiler dazu. AuchVolker Finke wird Platz eins bei Red Urawa Diamonds sicherlich still vergnügt zur Kenntnis nehmen. Auf der englischen Website des Vereins wird die Stadionkapazität mit 21500 und 63700 angegeben. Einmal, wenn nur Sumoringer da sind, ansonsten für allgemeines Publikum, sag ich jetzt einfach mal so. Ich korrigiere, es sind zwei Stadien. Hätte aber doch sein können.

Zu viele Cumshots, zu wenig Panini-Alben

Im kicker wirbt heute Wayne Rooney für Nikefootball. “ICH WERDE DAS TOR NICHT NUR TREFFEN. ICH WERDE ES ZERSTÖREN.” Die Kampagne läuft unter Joga Bonito, was soviel heißt wie “schönes Spiel” oder “schön gespielt”. Offenbar wurde Rooney hier gegen den Typ besetzt, sein Tritt ins Gemächt seines Teamkollegen Cristiano Ronaldo von Manchester United war der traurige Schlußpunkt im desolaten Auftritt des englischen Teams bei der WM. Zwei andere Jungscher (Torres? und ??) sind auch dabei in den drei (!) ganzseitigen Anzeigen, die am Schluß des Hefts zu finden sind und auf dem Kopf (!) stehen, so daß Rooney wie ein zweites Titelbild daherkommt. Wollte man den Fußball wieder vom Kopf auf die Füße stellen, darf man gerne auf diese hypermartialische Werbung für Sportgerät aller Art verzichten. Vor der WM gab es kleine Broschüren für Schuhe, die man sich individuell zusammenbauen konnte, und die Spieler (u.a. Kuranyi) sahen aus wie kleine Terminatoren oder auf Neusprech wie “Soldier as as a System”, Fußballspieler als eigenständige kleine Waffensysteme. Mit Joga Bonito hat das soviel zu tun wie Abu Ghoreib mit Demokratie.

Nicht minder nervig ist der Versuch, das Tor zu superlativieren. Verbal wird jeder halbwegs gerade Gewaltschuß mit “Weltklasse” geadelt, optisch sind es die Trailer sämtlicher Fußballsendungen, die in Superzeitlupe und digital überzeichnet Tore wahllos zusammenschneiden. Weil man mit Stellungsspiel keine Trailer drehen kann, wird vorsorglich der niedrige Torschnitt bei der WM bemängelt. 1974 gewann Jugoslawien gegen Zaire 9:0. Die WM-Finals 1994 und 2006 endeten torlos. Was sagt uns das über die Qualität der Spiele? Unter den Bedingungen der permanenten Visualisierung ist das Tor beim Fußball das, was der Cumshot (die Ejakulation) im Porno ist: ein äußerst knappes Gut, das permanent gezeigt werden muß. Schnell, langsam, von vorne, von hinten, im Reverse Angel usw. Die passende Werbung dazu läßt ihren Helden sagen: “ICH WERDE REKORDE BRECHEN UND NETZE ZERREIßEN.” Ein Schelm, wer hier an Defloration denkt.

Genug davon, die neuen Saisons in den verschiedenen Ligen werden ganz toll und spannend wie nie. Union Berlin und Dynamo Dresden haben ihre ersten Spiele bereits gewonnen, die Bundesliga summt vorfreudig und leicht nervös dem Freitag entgegen. Es wird viele Überraschungen geben. Unterstellen wir, dass mindestens zwei der drei Aufsteiger (Bochum und Cottbus) nicht absteigen, bleibt die bange Frage, wen es dann erwischt. Hertha, möchte man meinen. Rigider Sparkurs, Marcelinho weg und jede Menge junge Hupfer. Aber Hertha wird es schaffen und für seine Jugendarbeit belohnt werden. Außerdem haben sie mit Pantelic einen richtigen Knipser. Das weiß nur noch keiner. Stuttgart wäre mir wesentlich sympathischer als Absteiger, mit Dieter Hundt und 34 Unentschieden ein ganz heißer Kandidat. Dann ist da noch Gladbach. Ich war sehr ungehalten über die Entlassung von Horst Köppel, jetzt ist Don Jupp tatsächlich zurückgekehrt. Ob es hilft? Gladbach ist mentalmäßig so weit wie Hertha vor der großen Krise. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist stets genug Platz für eine völlig mißratene Saison und Platz 16. Auch Frankfurt ist mit in der Verlosung. Extremes Verletzungspech, das mit diesem Kader nicht kompensiert werden kann, Doppelbelastung durch den UEFA-Cup und ein mediales Umfeld, das noch launischer ist als die Mannschaft selbst. Aachen wird es leider erwischen, eine Mannschaft, die fast ausschließlich von ihrer Leidenschaft lebt und ohne ihre zwei leidenschaftlichsten Spieler Landgraf und Meijer das Abenteuer Bundesliga angeht, hat ganz schlechte Karten. Vorschlag: In der Winterpause werden beide reaktiviert.

Eigentlich ist es verwunderlich, dass Panini diese Marktlücke noch nicht entdeckt hat. Ich wünsche mir ein Sammelalbum für gedopte Spieler, sortiert nach dem Präparat. Floyd Landis tut es mit Testosteron, Jan Ullrich tut es mit Eigenurin…nö..blut, Mario Basler tut es mit Hefeweißbier. Würde man Doping freigeben, ergäben sich gerade für die chronisch unterfinanzierte Leichtathletik zahlreiche interessante Sponsoren. Darüber sollte man mal ergebnisoffen diskutieren.

Ein Kommentar zu “Zu viele Cumshots, zu wenig Panini-Alben” (1)

Ulrich Eumann
11.08.2006

Oh, oh, dieser Blog braucht anscheinend dringend einen Blogtor (oder Blektor?): einen Blog-Lektor.
“Joga Bonito” heißt “spiel(t) schön”. Rooney hat nicht das Gemächt (was ist ein Gemächst?) von Ronaldo getroffen, obwohl dies das Verhalten Ronaldos gut erklärt hätte (ich würde aber nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass Rooney das im Training bei ManU demnächst nicht ‘zufällig’ passiert), sondern das von Ricardo Carvalho vom Chelsea FC – auch da bestünden also diverse Rache-Optionen in den Liga- und diversen Pokalspielen.

Ulizinho,
http://www.worldleagues.blog.de