Saisonvorschau: Schöner lauern – Leverkusen und Schalke

Obwohl es in der letzten Saison nicht einmal für Vizekusen reichte, hat sich Leverkusen  heimlich still und leise zu einem bärenstarken Konkurrenten entwickelt. Ohne größeren Wackler spielte man sich in die direkte Teilnahme zur Champions League und brachte den Bayern die einzige Saisonniederlage bei. Son für Schürrle macht die Mannschaft noch konterstärker, Kießling ist in der Form seines Lebens. Nachdem bei Gomez der Bayern-Bonus weg ist, dürfte der Ex-Clubberer eine echte Chance bei Joachim Löw bekommen. Auch wenn hier ein Megasponsor den Rücken frei hält, ist Leverkusen mehr ein Freiburg de luxe – der Star ist die Mannschaft. Selbst Spitzenkönner wie Rolfes oder Leno ragen aus dem Team nicht heraus. Bei Bayer stimmt die Chemie. Und weil sie davon reichlich haben, sind spontane Mutationen auch keine Überraschung. Leverkusen scheint unter Hyppiä körpereigene Siegergene zu entwickeln. Könnte sein, dass es damit auch für ganz oben reicht.

Auch Schalke hat sich stabilisiert. Die Verpflichtung von Szalai kann ein ähnlicher Glücksgriff werden wie die von Mandzukic für die Bayern. Außerdem geht Königblau nach zwei Saisons mit permanentem Torwart-Drama mit einer klaren Nummer Eins in die Saison. Dass sie sich noch zieren, mit Hildebrand zu verlängern, weil sie zwei sehr gute Nachwuchskräfte in der Hinterhand haben, ist verständlich. Aber es ist richtig, den erfahrensten zur Nummer Eins zu machen. Hildebrand ist nicht nur international eine ganz andere Nummer, er kann auch eine Abwehr dirigieren. Der ungeliebte Jens Keller hat sich mittlerweile ein kleines Vertrauenspolster erarbeitet und erdet den Schalker Überschwang auf verschmitzte Weise. Wer auf Schalke Trainer ist, muss verstehen, dass diese Fans ihre Mannschaft mehr lieben als alle anderen in Deutschland ihren jeweiligen Verein. Dass 100000 zum Abschiedsspiel von Raul kommen, ist mit ruhrpöttischer Herzlichkeit nicht mehr zu erklären, das geht mehr in die Richtung Maradona und Neapel. Raul wurde ja nicht vorgestellt, sondern verabschiedet. Magath und Heynckes waren von dieser Zuneigung überfordert, Keller hat sie begriffen, ohne deswegen zum Populisten zu werden. Schalke als Meister, das ist noch peinlicher als Prognose als Leverkusen als Meister, aber die ersten vier können im nächsten Mai auch in umgekehrter Reihenfolge oben stehen. 25 Punkte sind Schnee von gestern.

Saisonvorschau – Bayern und Dortmund in der Hitze des Gefechts

Was Paul Breitner alles zusammen fantasiert, wenn er zu lange in der Sonne war, kann man in der Abendzeitung München nachlesen. Wer bei 38 Grad im Schatten trotzdem noch kühl analysiert, kann feststellen, dass die Schockstarre, die die Bundesliga in der letzten Saison befallen hatte, offenbar vorbei ist. Man muss sehr viel laufen gegen diese Bayern und jede Art von Standardsituation in Strafraumnähe vermeiden. Mit beherztem Gegenpressing und einer guten Chancenverwertung kann man sie nicht nur ärgern, sondern auch schlagen. Nicht jeder spielt das so superb wie der BVB, aber auch Schalke, Nürnberg, Mainz, Leverkusen, Freiburg und Gladbach können das. Weitere Erkenntnisse: Das Interview mit Pep Guardiola im Aktuellen Sportstudio am Samstag weckt leise Zweifel an den kommunikativen Kapazitäten des neuen Übungsleiters. Er antwortete an jeder Frage vorbei und rang mit den Worten ähnlich hilflos wie das Bayern-Mittelfeld mit Ilkay Gündogan, der gegen den direkten Nationalelf-Konkurrenten Schweinsteiger einen lockeren Punktsieg einfuhr. Dass der Pep wild gestikulierend taktisches Grundwissen an seine Spieler vermittelt oder seine Lieblingsszenen aus Bruce-Lee-Filmen nacherzählt, kein Thema. Aber im Vergleich zu Guardiolas mündlichen Vortrag hätte Trappatoni auch Dekan einer Germanistik-Fakultät werden können. Seit der Verpflichtung von Thiago frage ich mich außerdem: Wird Schweinsteiger in der Winterpause verfkauft oder noch im Sommertransferfenster? Ich habe das Gefühl, Pep rotiert den Schweini listig aus der Mannschaft. Das ist jetzt natürlich blöd. Erfüllt man den Wunsch des Ärabegründers (Klinsmann hat ja nur den Parkplatz begrünt) und jagt ihm zu Liebe das Urgestein vom Hof? Oder steht man nach Guardiola plötzlich ohne einen der besten Sechser Europas da?  Nach diesem Supercup-Abend bin ich mir sicher, dass die Bayern keinen erneuten Durchmarsch hinlegen werden. Starke und van Buyten patzten zwar kräftig, aber die Einfallslosigkeit der langen Bälle und das halbherzige Zweikampfverhalten kann man ihnen nicht anlasten.

Wenn man von den Durchhängern des Marcel Schmelzer (schon in WM-Form) mal absieht, war das eine großartige Leistung von Dortmund. Der alte Biss ist zurück beim BVB. Großkreutz ist zwar ein primitiver Berufslüdenscheider, spielte hinten rechts aber mehr als nur solide. Und das Sahnestückchen kommt ja noch. Mkhitarian (die erste Silbe wird stimmlos gesprochen, als würden Sie in einem Asthmaanfall tief Luft holen) ist erst in drei Wochen fit. Der passt in diese Mannschaft hinein wie ein Gesäß auf einen tragbaren Flüssigkeitsbehälter mit Henkel. Das wird richtig gut werden. Wer glaubte, Lewandowski würde die Arbeit verweigern, wurde eines besseren belehrt.  Emsig, ballsicher und mannschaftsdienlich spielte der Pole, war überall zu finden, nur nicht in der Schmollecke. Das Einzige, was man sich noch wünschen kann, wäre mehr Mut beim Einsatz von Nachwuchsspielern. Aber beim sportlich völlig wertlosen Supercup gegen einen Gegner wie alle anderen auch, durfte es dann schon die Bestbesetzung sein. Dortmund wird in der kommenden Saison wieder stilbildend agieren, was Trainerjubelposen und Offensivspiel angeht. Die Defensive (bis auf Weidenfeller und Großkreutz) muss noch eine große Schippe drauflegen, damit es für einen weiteren Titel reicht. Lieber noch einen guten Linksverteidiger holen statt Kagawa, oder Sokratis auf dieser Position anlernen. Schmelzer wirkt überspielt und braucht einen exzellenten Ersatzmann.