Frankfurt im Steigflug

Das war am Freitag eine sehr ordentliche Leistung und zumindest kein unverdienter Sieg der Eintracht. Auch wenn Zambrano vom Platz hätte fliegen müssen und Kiyotake einen tollen Schuß an den Pfosten setzte. Die Kaltschnäuzigkeit des Aufsteigers ist bemerkenswert. Obwohl mit Schwegler und Occean zwei wichtige Spieler früh im Spiel verletzt rausmussten, kamen die Hessen immer besser ins Spiel. Hoffer hatte bei der ersten guten Chance die Nervenstärke, die Pekhart, und das Durchsetzungsvermögen, das Mak (noch) fehlen.

Ich hatte das Gefühl, dass die Möglichkeit, für eine Nacht Tabellenführer zu werden, beim Club eine gewisse Schüchternheit hervorrief. Erster? Wir? Muss das sein? Ausgerechnet heute? Vor all den Leuten? Auch ein Unentschieden wäre nicht unverdient gewesen, aber wenn eine Mannschaft ihren Lauf hat, dann hat sie auch das entsprechende Glück, damit Polters gestocherter Ball knapp vorbei und nicht reingeht.

Sieben Punkte nach diesem Startprogramm ist mehr als ordentlich für den Club, der eher ein Sturmproblem hat, als dass der Weggang Wollscheids Kopfzerbrechen machen würde. Die Mannschaft ist noch nicht eingespielt unter Wettkampfbedingungen, das konnte man an den bisweilen katastrophalen Fehlpässen vor Inius 2-0 sehen. Als es nach dem Wiederanpfiff darum ging, Frankfurt einzuschnüren, stellte sich der Club mit seinem miserablen Aufbauspiel selbst ein Bein. Blindes Spielverständnis läßt sich auch durch gute Standards nicht ersetzen. Ich verstehe nicht, warum Cohen keine Chance über drei, vier Spiele bekommt. Gegen die rustikalen Frankfurter wäre er einer gewesen, der dagegen hätte halten können. Spielerisch würde er sich in dieses Mittelfeld sehr gut einfügen. Trotz Gebhardt und Pinola ist die Mannschaft nicht giftig genug. Zu viel Barcelona und zu wenig Cottbus, etwas verkürzt ausgedrückt.

Der Tabellenzweite darf sich jetzt auf Dortmund freuen. Die jungen Lüdenscheider haben Mühe, nach der Champions League die Spannung hochzuhalten, möglicherweise ist die Kloppsche Vorwärtsverteidigung für die dauernde Doppelbelastung zu energieraubend. Gegen den HSV gab es die Niederlage wegen mangelnder Konzentration, nicht weil die Vaartianer spielerisch so stark gewesen wären. Weidenfeller wirkte geradezu wie sediert. Könnte gut sein, dass die Homegrown Hessenboys in dieser englischen Woche gegen den Meister ihren nächsten Coup landen. Blöd nur, dass das Stadion in Frankfurt ein Dach hat. Sonst könnte man jetzt prognostisch in die Runde raunen: The Sky Is The Limit.

50 Jahre „Bonanza“ – 40 Jahre „Keine Macht für niemand“

In der Berliner Zeitung stand am 11. September 2012 ein hübscher Artikel zum 50-jährigen Jubiläum der ersten Ausstrahlung von Bonanza. Ich wundere mich, dass noch niemand die Serie zum Kultobjekt der Schwulenbewegung ausgerufen hat. Vier Männer, keine Frau und ein Koch, das ist schon verdammt merkwürdig. Bei Donald und den drei Neffen gibt es ja wenigstens noch Daisy im Hintergrund. Nicht das Schaf, die Erpelette. In der sehenswerten Dokumentation The Celluloid Closet (1995) von Rob Epstein und Jeffreey Friedman über Schwule und Lesben in Hollywood gibt es einen Filmclip, in dem Montgomery Clift(?) und noch ein Schauspieler(???) ihre Colts (Schwänze) eingehend vergleichen. Völlig unvorstellbar, dass Michael Landon und Lorne Greene…Dan Blocker als der geistige Großvater von Heath Ledger…Winnetou und Old Shatterhand sind ja auch ein Liebespaar.

Dan Blocker, der der Serie als Hoss von Anfang an ihr Gesicht gab, starb 1972 an einer Lungenembolie. Im gleichen Jahr brachten Bau, Steine, Erden Ton, Steine, Scherben ihre legendäre Platte heraus. Dazu gibt es jetzt in der Browse-Galerie in der Kreuzberger Marheinekehalle eine Ausstellung, unter anderen mit Fotos aus der WG-Zeit am Landwehrkanal. Der Beitrag im Tagesspiegel beschwört mal wieder die Verbürgerlichung durch Historisierung und Kanonisierung, es gebe jetzt sogar schon eine Rio-Reiser-Straße. Na, da hört sich doch alles auf. Seit Mozarts Zeiten hat es sich bewährt, dass revolutionäre Musiker anonym im Armengrab verscharrt werden. Bitte keinen Personenkult. Ist doch mal eine nette Abwechslung, dass man Straßen nach Linken benennt, die ihr Leben ausleben durften und nicht im KZ ermordet wurden oder in der Badewanne ertranken.

Weitere Kandidaten für Jubiläen der Pop und Alltagskultur wären ferner: 1952 -60 Jahre Wir werden das Kind schon schaukeln mit Heinz Rühmann oder John Steinbecks Jenseits von Eden. Man stelle sich vor, Rühmann hätte die Rolle anstelle von James Dean bekommen. 1962 WM Chile – 50 Jahre Juskowiak. Und im Oktober geht’s wieder gegen Schweden. 1972 – 40 Jahre Erste Folge von Raumschiff Enterprise im westdeutschen TV oder Gründung der Universität Tromsø (unendliche Weiten). 1982 – 30 Jahre Ein bißchen Frieden von und mit Nicole. 1992 – Gründung des Wu Tang Clan.

Die Erkennungsmelodie von Bonanza ist auch bei Youtube zu finden. Everett Sloane, der am Ende kurz zu sehen ist, spielte immerhin in Citizen Kane mit, wie auch Robert Altman bei einigen Folgen von Bonanza Regie geführt hat. Die Stadt, die auf der Karte in Flammen aufgeht, heißt Virginia City. Aufgrund der anmutigen Landschaft (See, Nadelgehölz, Wiesen) tippe ich eher auf Montana denn auf Nevada. Aber wahrscheinlich gibt es längstg drei Dissertationen zu den Außenaufnahmen bei Bonanza. Mein Lieblingsstück auf Keine Macht für Niemand ist der Paul Panzer Blues. Wie Bukowski, bloß zum Mitsingen.

Hauen uns die Nockerln heute von den Hockerln?

Obacht, denn die Österreicher sind so brandgefährlich wie schon lange nicht mehr. Es sieht wieder nach Fußball aus, nicht wie die Skulpturen im Schloß Schönbrunn, was da auf dem Rasen geboten wird. Gerade haben sie die Niederlande besiegt. Na gut, werden da manche sagen, gegen die Niederlande gewinnen im Moment alle, sogar wir. Aber trotzdem. Umbruch und Aufbruch sind das Motto der Stunde beim Nachbarn, auch in einer Alpenrepublik gibt es Leute, die den gepflegten Flachpass spielen können. Und dann gibt es diesen Trainerfuchs Koller. Österreich kämpft sich zum VfL Bochum des Weltfußballs empor. Es könnte also heute Abend heikel werden.

Mittelfristig plädiere ich dafür, mit zehn Offensiven und einem Torwart zu spielen, Neuer, Adler, ter Stegen, egal, alle außer Wiese. Die Abwehr können wir uns schenken. Dann gibt es keine Stellungsfehler und verwundbaren Schnittstellen mehr, sondern 90 Minuten lang erspielte Chancen, ein paar Glanzparaden, am Ende steht es dann 7-4 für uns. Oder 12-8. Wie damals im Schulhof, als es nur Offensivgenies gab. Und wir unsere Laktatwerte mit Sunkist manipulierten.