Pro Reli – warum?

Peter Unfried, nicht Christoph Biermann, ist der Wolfsburg-Fan. Es heißt ja auch nicht Schalke 05. Und über die Unbeliebtheit der Wölfe hat sich Unfried nach dem Abstiegskrimi 2007 zum Beispiel so geäußert:

„VI. Unlängst schaute mich ein Freund seltsam an. Ich dachte: Was hat er denn? Dann sagte er: „Hm. Bist du wirklich für Wolfsburg?“ Ich schwieg. Was soll man da sagen? Und er grüblerisch: „Vielleicht tust du auch nur so. Ich würde es dir zutrauen.“ Es klang, als hoffe er es.“

Jetzt kann sich der VfL vor lauter Verlegenheitsfans nicht retten. Nomadische Fußballästheten wie ichereiner, die froh sind, wenn es Tore gibt wie das 1-0 von Dzeko gegen Hannover oder das 5-1 von Grafite gegen Bayern. Und Spieler wie Gentner, Schäfer, Madlung. Und Trainer wie Magath. Wobei, ich fand Roy Präger schon gut, damals, als die GRAMAZ, die graueste Maus aller Zeiten aufgestiegen war. Und Erik Gerets war auch gut.

Nürnberg scheint in Form zu sein für die Relegation gegen Cottbus, für die Reli, wie die leidgeprüften Fans sagen, die wenig Zeit haben, weil sie eine Kneipe suchen müssen, die diesen lemurenhaften Hybridkick überhaupt zeigt. Die dem Fußballgott kleine Spannstoßgebete schicken.

Der kicker schrieb am Sonntag übrigens, der Club hätte noch die Chance, „durch die Hintertür“ in die Bundesliga zu kommen. Leider völlig falsch. Dem mutig sich nach oben spielenden Zweitligisten wird die Chance zum Direktaufstieg genommen, für den eigentlichen Absteiger ist es eine völlig unerklärliche Extrawurst. Das ist wie wenn du eigentlich schon wiedergeboren bist, und plötzlich findest du dich im Fegefeuer wieder. Ich bin in diesem Fall nicht pro Reli, ich war es auch beim Volksentscheid in Berlin nicht. Es wäre schön, wenn 2010 kurz vor der WM eine mit Nationalspielern gespickte Mannschaft zur Reli als Pflichtveranstaltung antreten müßte, um dem DFB diesen Unsinn auszutreiben. Bremen wäre ein Kandidat, wenn sie weiter so vor sich hin murkeln. Das DFB-Pokalfinale kann man vorziehen, die Reli nicht.

Andererseits, wer oben bleiben will, muss auch Cottbus schlagen, wenigstens haben wir das Rückspiel zuhause. Noch so ein Klops vom kicker: Die Relegation werde nach UEFA-Modus ausgetragen. Wirklich? Wie sind denn so die UEFA-Cup-Koeffizienten in der Lausitz und in Franken?

Finale Grande

Endlich mal wieder ein Meister, der den schönsten Fußball spielt. Vor drei Jahren jammerte Christoph Biermann auf Spiegel-Online über die allgemeine Begeisterung beim Wolfsburg-Bashing. Dann traf das Two-Hit-Wonder Makiadi im entscheidenden Abstiegskrimi einmal und legte einmal auf, dann kam Magath. Voilà und Gratulation. Das Interview auf dem Rathausbalkon in München war ein echtes Schmankerl. Ich fürchte, in Gelsenkirchen gibt es gar kein Rathaus geschweige denn einen Balkon.

Ansonsten lauter gute Ergebnisse, Bayern auf Platz zwei ist völlig in Ordnung. Jetzt darf van Gaal eine Taktik ausklügeln, bei der man in der KO-Runde weder auf AC Milan, Barca oder englische Mannschaften trifft. Hertha, als Vizemeister der Herzen nach Baden gefahren, kehrt aus dem Wildparkshredder zerzaust in die Heimat zurück. Aber CL wäre des Guten zu schnell gewesen. Erst mal Omonia Nikosia überstehen, bevor ManU kommt.

Ich weiß nicht, was mich mehr freut: dass es der HSV geschafft hat oder dass es Dortmund nicht geschaft hat. Ein gnädiges Ende nach alptraumhaften Wochen für Jol und seine wackere Truppe, nicht immer heißt der Gegner Bremen. Dortmund traute sich nicht, gegen gerettete Gladbacher voll auf Sieg zu spielen und wurde bestraft. Das 14. Unentschieden war eins zu viel für Europa. Trotzdem ist der BVB unter Klopp auf einem guten Weg. Bergdölmo ist nur noch ein böser Traum.

Hoffenheim landet vor Schalke, Bremen und Leverkusen. Hätte es die irrsinnige Hinrunde nicht gegeben, wäre allein schon das ein Grund, Kapriolen zu schlagen. Sollte Ibisevic wieder auf die Beine kommen und die gute Transferarbeit fortgesetzt werden, war das der Anfang einer wunderbaren Bundesligakarriere. Und Hildebrand kommt langsam in Form.

Im Keller krallt sich Cottbus den Relegationsplatz. Das freut mich erst einmal, noch mehr, wenn morgen der Club noch Zweiter wird. Jedenfalls geht es weder gegen Hans Meyer noch Fucking Bielefeld und Jörg „Untot“ Berger, die als 18. nach unten gehen. Der Feuerwehrmann kam diesmal zu spät. Vielleicht in Ostwestfalen einfach mal „Burning down the House“ von den Talking Heads auflegen und eine Runde chillen.

Der Rest war stille Begleitmusik, abgesehen von der Entlassung Funkels. Mehr als er kann man aus dieser Mannschaft mit dieser Verletzungsserie nicht herausholen. Ich kann mich nicht erinnern, dass es so etwas schon einmal gegeben hat, auch die legendäre Vier-Kreuzbandrisse-Saison von Dortmund kommt da nicht ran. Und jetzt will man europäisch spielen und weiß nicht, mit wechem Trainer. Das klingt alles verflucht nach launischer Diva. Vielleicht darf Stepi noch einmal ran, oder das sympathische Jahrhunderttalent Jürgen K. Die Direktflugauswahl nach Kalifornien soll in FRA ja recht gut sein. Mir hat der Kommentar im kicker zu Klinsmann recht gut gefallen, der sich gar nicht darauf einläßt, Medienschelte zurückzuweisen, sondern dem Guru schlicht und sachlich einige seiner Fehler noch einmal aufzählt. Als verkanntes Trainergenie hatte der Jürgen tatsächlich Ähnlichkeit mit seinem ewig mißverstandene Kollegen, dem Lothar.

PS: Sage keiner, die Bremer hätten es heute versaut. Hätte Bayern in Wolfsburg einen Punkt geholt, wären sie heute mit diesem Punkt Vorsprung Meister geworden. Nicht nur der SVW ist bei den Wölfen in dieser Saison 1-5 untergegangen.

Das Ende ist nah

Bremen hat also verloren. Dafür kann sich der HSV auch nichts kaufen, aber irgendwie doch schön, dass es auch mal die Grünen erwischt im Wonnemonat Mai. Und für Wolfsburg ist das sicherlich kein Nachteil. Ob es von bayerischer Seite wohl noch eine Verschwörungstheorie geben wird: zwei Nordderbys am Ende der Saison anzusetzen, ist das nicht ein klarer Fall von Wettbewerbsverzerrung…

Bayern kann nicht nur noch Meister werden, sondern auch noch Vierter, das gibt dem letzten Spieltag eine ganz eigene Note. Unten sieht alles nach Bielefeld auf Platz 16 aus. Herrlich, der Club könnte sich nicht nur beim allerschlimmsten Angstgegner für so viele Schmachs, Schmächen, Schmache revanchieren, auch Jörg Berger wäre ein lohnendes Zielobjekt. Es sei denn Mainz verlöre sein letztes Spiel…die Nerven.

War in den letzten Tagen recht abgelenkt, das 5-0 von WOB in H sah ich in der Kneipe, um mich herum murrende, gurrende Hertha-Fans, die von am Rande der Apathie spielenden Schalkern recht gut kontrolliert wurden. Das kann eben nicht jeder, Meisterschaften am letzten Spieltag vergeigen.  Favre ist aber trotzdem klasse.

Wiese soll gepatzt haben gegen Donezk, dabei hat er doch acht Kilo in zwölf Monaten abgenommen oder waren es zwölf Kilo in acht Monaten? Und davon ein Kilo Gel? Wenn Löw die Wahl zwischen Wiese und Enke hat, hat er eigentlich keine Wahl. Obwohl durch die Abwehrleistung seiner Vorderleute um seine Haartracht gebracht, ist Enke der Beste. So wie Köpke einst bei Nürnberg. Der heutige Bundestorwarttrainer  kann sich bestimmt noch gut erinnern wie das war, als nicht nach Leistung des Spielers, sondern nach Tabellenplatz der Mannschaft nominiert wurde.

Also, wir sind gespannt auf die letzten 94 Minuten der Saison.