Name-Dropping und Name-Shopping

So wird das nüscht. So viele Tore können Ribéry, Toni und meinetwegen auch Klose und der Große Zé vorne gar nicht schießen und vorbereiten wie Van Buyten, Lucio und Kahn hinten kassieren. Trotz zweier “Weltstars” sind die Schlüsselpositionen – Tor, Innenverteidiger, der Sechser – beim Rekordeinkaufsmeister nach wie vor unzureichend besetzt. Und die Halbherzigkeit der Bemühungen kann man daran ablesen, dass Kahn – in der Spielanlage ähnlich antiquiert wie Matthäus als Libero bei der EM 2000 – nach dieser desaströsen Saison nicht ersetzt wird. Er war nicht schlecht, und auf der Linie ist er nach wie vor überdurchschnittlich, aber Kahn kann den modernen Fußball als letzter Mann nicht spielen, den Enke, Schäfer und vor allem Neuer so hervorragend beherrschen.

Auch Wiese ist ein solcher Paradenkönig alter Prägung und daher für den schönen Offensivfußball an der Weser eigentlich ein Hemmschuh. Auch wenn Leverkusen beim Transfer von Manuel Friedrich und Lukas Sinkiewicz hohes Risiko geht, zwei solche Innenverteidiger brauchen die Bayern dringender als Luca Toni. Jansen ist sicherlich ein guter Griff, und bei der sich rasant ausbreitenden Allergie gegen Sagnol-Flanken aus dem Halbraum auch notwendig. Und was wird eigentlich aus Hildebrand?

Hargreaves, der heimliche Schlüsselspieler der abgelaufenen Bayern-Saison, ist weg, was bei 25 Mio. Euro kaufmännisch sicherlich sinnvoll war. Ersetzen soll ihn Hamit, mal sehen, ob das sportlich sinnvoll ist. Schon eine sehr antizyklische Herangehensweise, wenn man Meister werden will und dafür einen Schalker verpflichtet. Pardo kannte vor der WM 2006 zwar auch keiner, aber der hatte über 100 Länderspiele auf dem Buckel und war Stammspieler und zweifacher Meister in Mexiko, ehe er zu Stuttgart kam. Van Bommel ist nicht der klassische Sechser und ob seiner emotional aufdringlichen Spielweise immer hart am Rot. Im Sturm dann keine Effizienzbestie Rheuma-Kai und kein äußerst kopfballstarker Strafraumwusler Pizzaro mehr. Dafür nach wie vor das sympathische Jahrhunderttalent Roque Santa Cruz, der frisch operierte Schlaudraff und der sehr unzufriedene Podolski. Irgend jemand muß Hoeneß mal reinen Wein einschenken: Es gibt keine Stürmer in Paraguay. Noch nie hat es welche gegeben. Dieses Land ist das Waldhof Mannheim des Weltfußballs und bekannt für seine 10-Vorstopper-Taktik. Auch Valdez und “der Roque” sind zweitklassige Vorstopper, die deshalb Stürmer spielen müssen.

“Poldi” hinwiederum wurde vom Vorstandschef in der Süddeutschen am 6.6. mit dem üblichen Kraftgemeiere stark geredet und noch stärker unter Druck gesetzt.

Rummenigge: „Poldi hat einen Vertrag bis zum 30. Juni 2010, und er wird den FC Bayern auf keinen Fall verlassen. Er wird weder verkauft noch ausgeliehen. Wir setzen voll auf seine Qualitäten und sind überzeugt, dass er eines der größten Talente des deutschen Fußballs ist.“

dpa: Aber gerade wurde er zum Verlierer der Saison gekürt. [im kicker, R.A.]

Rummenigge: „Er wird so damit umgehen, dass er Ende 2007/08 der Gewinner der Saison ist. Das wird ihn anspornen und nicht in irgendeiner Weise bedrücken.“

Klingt so ein bißchen nach: Gott will es, und wer ist Gott schon im Vergleich zu Kim Il McRummenigge?
Da lob ich mir Energie Cottbus, das den Verlust seiner drei wichtigsten Spieler mit punktgenauen Neuverpflichtungen versucht hat zu kompensieren. Ob Rangelov (wer?), Burca (woher?) und Aloneftis (ach so, noch’n Grieche. Nö Zypriot.) McKenna, Radu und Munteanu ersetzen können, weiß man nicht. Das weiß man nie. Aber diese Transfers wirken wesentlich problemorientierter als das, was an der Säbener Straße bisher produziert wurde.

Kommentare zu “Name-Dropping und Name-Shopping” (7)

Christian
11.06.2007

manchmal ist es ja ganz interessant, die Bundesliga von einer Außenseiterperspektive betrachten zu lassen. Meine britischen fußballverrückten Freunde waren, um eine Einschätzung gebeten, ohne Gegenstimmen der Meinung Makaay / Pizarro sei das höher einzuschätzende Stürmerduo denn Toni / Klose.

Zu Ribery: wird die Bundesliga bereichern und ist sicher lustig anzuschauen. Aber ob das effektiv sein wird? Für 25 Millionen? Unfassbar, dass Bremen für Diego nur 6 Millonen bezahlte, Ribery für 25 Millionen über den Ladentisch geht. Bei Toni hingegen macht mich die niedrige Ablösesumme schon skeptisch: offensichtlich traut ja wohl keine der italienischen Spitzenmannschaften Luca Toni zu, bei einem großen Team etwas zu reissen, bei einem Team, wo eben nicht alles auf ihn zugeschnitten ist.

Denn 11 Millionen für Juve, Inter, AC? Ein Witz! Da könnten ja selbst die chronisch klammen römischen Vereine mitbieten!

Florian
12.06.2007

Christian, ich glaube, Lucatoni (einen Vornamen hat der Kerl ja nicht, wenn man der gängigen Aussprachenorm glaubt *g*) ist da einfach dem schnöden Mammon gefolgt. Der hat gewusst, Mordor braucht einen neuen Stürmer und wird dafür auch tief in die Gehaltskiste greifen und das hat er eiskalt ausgenutzt. Ein Stürmer eben.

Gehe in der Einschätzung mit Rob konform, da ist durchaus ein großer Teil Name-Shopping dabei, das die unspektakulären Positionen nicht neu besetzt, obwohl es nötig wäre. An Bayerns Stelle hätte ich mich mal umgesehen, ob es nicht irgendwo einen alternden tschechischen Nationalspieler gibt, der bei seinem Verein in Holland keinen Zwei-Jahres-Vertrag mehr hat, aber dessen Spielübersicht größer ist als die des gesamten Kaders. Ach nein, den hat sich ja der FCN letztes Jahr schon geholt. Will aber sagen, jemand vom Schlage eines Galasek oder auch Pardo wäre in München durchaus nötig und auch ohne geöffnete Schatulle zu holen.

Dieter
13.06.2007

Ein Galasek oder Pardo – Gott bewahre! Die kennt doch keiner. Wer wären die Bayern, wenn sie Namenlose einkauften?

Vor Beginn dieser Saison meinten die Bayern, sie hätten einen Kader für die nächsten paar Jahre, und wollten die jungen Spieler heranführen…

Konzept gescheitert, deshalb jetzt 180-Grad Wende: Es werden alle gekauft, die in der Bundesliga nicht ganz schlecht sind, oder aus dem Ausland einen so großen Namen vorzuweisen haben, dass sogar der Durchschnitts-Arroganz-Arena-Geher von ihnen schonmal was gehört hat.

Stuttgart hats letztes Jahr genau andersrum gemacht: Nachdem das Konzept mit Startrainer (Trap) und Starspieler (Tomasson, Grönkjaer) gescheitert war, setzte man auf Einkäufe, die man nicht auf der Rechnung hatte, die aber in ein vom Trainer vorgegebenes System passten. Ergebnis bekannt.

busch-Man
18.06.2007

Sehr geehrter Herr Alef,

Sie sprechen mir wirklich aus der Seele, allerdings muss ich in einem Punkt widersprechen: Der Werderaner Tim Wiese ist zwar ein häufig selbstgefällig auftretener Paradenschinder und muss nicht jedem sympathisch sein. Trotzdem ist er sehr wohl ein überdurchschnittlich begabter Keeper modernster Ausprägung & Spielanlage. Wie häufig hat er der weit aufgerückten Bremer Viererkette in der abgelaufenen Spielzeit schon mit klugem Stellungsspiel ausgeholfen!?! Richtig, unzählige Male!

Wiese ist für Werder demnach definitiv KEIN Hemmschuh. Wie gesagt, ansonsten schließe ich mich völlig an …

busch-Man
18.06.2007

Krass – warum wurde mein Beitrag denn nicht veröffentlicht!?! Zu kritisch, oder wie?

Rob Alef
19.06.2007

nein busch-man, im gegenteil, durchaus ein bedenkenswerter einwand, auch weil wiese sehr lernfähig ist. ich bekomme im moment für einen leserbrief etwa 15 spam-mails und habe alle hände voll zu tun, diesen schrott wieder loszuwerden. jedes urteil ballsicherer kritik ist mir willkommen.

busch-Man
19.06.2007

Lieber Herr Alef,

da war ich wohl etwas vorschnell – Entschuldigung!

In dieser schnelllebigen Zeit…

…gibt es ein paar Sachen, die für die Ewigkeit gemacht sind. Favoriten tun sich schwer, wenn sie vor einem Spiel gegen eine schwächere Mannschaft über die Höhe des Sieges räsonieren. So auch gestern zu beobachten im Stadion des Pokalsiegers, als erst Kuranyi den Bann gegen mutig spielende San Marini brechen konnte. Der kicker titelte dann zwar “Gomez kommt und trifft”. Es stand aber bereits 3:0, als der Stuttgarter traf. Kurnayi wird auf seine alten Tage (25) noch zum Knipser.

Höchst erfreulich waren das 2:1 der Israelis in Mazedonien und das 3:2 Bosniens gegen die Türkei. Beide haben noch Chancen und aus Bosnien kommen immerhin Spieler wie Barbarez und Misimovic. Israel knuspert schon seit Jahren an der Teilnahme bei einem großen Turnier, hat sich aber bisher noch nicht durchgebissen. Es ist eine ernsthafte Mannschaft hinter den üblichen Gruppengroßkopfeten geworden. Ich bin gespannt, ob die UEFA einen Zaun um Österreich und die Schweiz bauen läßt, sollte sich Israel qualifizieren.

Und zum Schluß noch ein paar Worte mit -lll-, weil das so schön lullt und lallt: Balllepra (heimtückische Krankheit, die das Spielgerät unbrauchbar macht), Rolllambada (Modetanz auf Inlineskates), Volllikör (doppelt stark durch mehrfach verrührtes Likosin) und Wallloyd (eine Versicherung, die sich auf Meeressäuger spezialisiert hat).

Kommentare zu “In dieser schnelllebigen Zeit…” (3)

rotbartpirat
04.06.2007

weil kuranyi so ein knipser ist, hat er wohl auch schalke alleine zur meisterschaft geschossen. glücklich, wer so jemanden – inkl. seiner 37 paar schuhe! (”da haben wir männer aufgeholt”) – im team hat!

dafeld
04.06.2007

Oh mann, Herr Pirat, was für ein qualifizierter Kommentar. Man kann selbst dann eine sehr gute Saison spielen, wenn die eigene Mannschaft die Meisterschaft um drei Punkte verfehlt und man nur 16 andere Teams hinter sich gelassen hat. Und man kann sich auch in jedem Spiel den Arsch aufreißen und trotzdem eitel sein. Kaum zu glauben, aber wahr. Kuranyi hat seine Aufstellung jedenfalls im Gegensatz zu Klose durch Leistung gerechtfertigt.

dreieckeneinelfer.twoday.net
04.06.2007

Ich biete 10!…

“weil kuranyi so ein knipser ist, hat er wohl auch schalke alleine zur meisterschaft geschossen. glücklich, wer so jemanden […] im team hat!”(Quelle)

Natürlich Quatsch mit Soße.
Aber ich habe halt ein Faible für Zahlenkram.

D…