Nichtrauchen in Europa – Tag Eins

Seit heute besteht kein Zweifel, dass es die EU ernst meint mit dem Rauchverbot in Europa. Ausgerechnet in der Raucherhintertürchenhochburg Bayern, wo sogar Rauchbier verkauft wird, wird Werner Lorant seine missionarische Tätigkeit aufnehmen. Zusammen mit seiner reizenden Assistentin Nico Tinell wird er seine ganze Erfahrung und seine ganze Überzeugungskraft in die Waagschale werfen, um die giftigen Glimmstängel zu ächten. Erster Erfolg: In Unterhaching gibt es seit heute Abend, 18.42 Uhr keine funktionsfähigen Zigarettenautomaten mehr. Der Ruf, kompromißlos durchzugreifen, der Lorant vorauseilt, erweist sich wieder einmal als seine eindrucksvollste Waffe. Der sympathische Endfünfziger, der zuletzt als afghanischer Nationaltrainer im fußballerischen Bereich tätig war, unterschrieb einen leistungsbezogenen Einjahresvertrag (”Länger werde ich nicht brauchen.”). Ende kommender Woche wird er bereits in Nordrhein-Westfalen erwartet.

Horch, was kommt von unten hoch…

Die Bundesliga pausiert, das EM-Qualifikationsspiel gegen Tschechien liegt noch in ferner Zukunft. Zeit, einen Blick auf die unteren Ligen zu werfen.

In Liga Zwo ist es wie in Liga Eins, nur umgekehrt. Oben kämpfen zehn Mannschaften gegen den Abstieg, unten zehn um den Aufstieg. Der KSC müßte schon Fußballgeschichte schreiben, um sich die Bundesliga noch zu versauen, und auch Rostock scheint schon “durch”, wie es so schön heißt. Oben durch nicht unten durch. Die Kicker von der Ostsee schwächeln jedoch seit einiger Zeit, so dass auch Platz zwei in der Verlosung ist. Es tummeln sich hinter den ebenfalls unter mentalen Konditionsproblemen leidenden Duisburgern mit Kaiserslautern und Freiburg zwei weitere Ex-Bundesligisten sowie mit Aue, Fürth und Augsburg drei potenzielle Novizen für die höchste deutsche Spielklasse. Köln gehört logischerweise zum Mittelfeld, weil Daums Mannschaft zum Aufstieg jedes sportliche Mittel fehlt. Und 1860 ist schon seit längerem eine Klasse für sich. Dass mir Fürth als Aufsteiger besonders lieb wäre, ist kein Geheimnis. Die Spielvereinigung, von Nürnbergern liebevoll Spielverunreinigung gerufen, trägt ihre Heimspiele im putzigen Playmobilstadion aus, und als Clubfan ist man nach dem Auswärtssieg rechtzeitig zur Sportschau wieder zu Hause. Aue wäre ebenfalls begrüßenswert. Je mehr Ostvereine für Zweieurofuffzich im Monat passablen Bundesliga-Fußball organisieren, desto armseliger sehen Westvereine aus, die seit Jahren zweistellige Millionenbeträge verballern. Gladbach, Dortmund, Köln, ihr seid gemeint. Aachen, ihr nicht.

Auch Freiburg wäre eine spannende Option. Erstens hätte Volker “Urgestein” Finke einen Aufstieg als krönenden Abschluß und Live Time Achievement Oscar verdient. Zweitens haben die Freiburger den Mut besessen, mit Robin Dutt eine versierte Nachwuchskraft zu verpflichten, die viel von gepflegtem Offensivspiel hält. Peter Neururer wäre frei gewesen. Kaiserslautern und Duisburg müssen nicht unbedingt aufsteigen. Schön wäre es, wenn Rot-Weiß Essen die Klasse hält. Obwohl das Fanvolk aus professionellen Schalke-Verächtern besteht, hat der Verein von Horst Hrubesch einen Platz in meinem Herzen. Die bundesweiten Sympathiekundgebungen (”Hafenstraße bleibt!”) in den Achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts waren eindrucksvoll.

In der Regionalliga Nord haben bis Platz 13 alle noch Chancen auf den Aufstieg, weil der HSV II auf Platz zwei nicht aufsteigen darf. Platz 14 ist das Mittelfeld, Platz 15 der erste Abstiegsplatz. Aufregend. Ich würde mich über den Aufstieg von St. Pauli und Union Berlin freuen. Die Alte Försterei ist atmosphärisch gesehen das Millerntor des Ostens und umgekehrt. Köpenick allerdings nicht die Reeperbahn Berlins.
In der Regionalliga Süd werden Wehen und Hoffenheim das Rennen machen. Laut Plan spielen Peters und Rangnick mit Hoffenheim 2011 Champions League. Angeblich kennen sie sogar schon die Laktatwerte ihrer Mannschaft zu diesem Zeitpunkt und die Aufstellung von Real Madrid am dritten Spieltag der Gruppenphase. Beeinruckend. Peters hat in der FAZ am Sonntag vom 18.3. ein sehr lesenswertes Interview gegeben. Man versteht, warum man diesen Mann beim DFB nicht haben wollte. Im Vergleich zu ihm waren Galilei, Gorbatschow und Klinsmann angepaßte Konformisten.

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Schon jetzt vormerken !!

9. April 2007 – Ein Jahr “Volk ohne Raumdeckung”.

Aus diesem Anlaß gibt es am Ostermontag eine Lesung von und mit Rob Alef. Geboten werden die besten Flach- und Kurzpässe, Steilwitze, Kabinettstückchen, Schmähkritiken und Volltreffer aus den letzten zwölf Monaten. Dazu den aktuellen Bundesliga-Kommentar zum 28. Spieltag. Außerdem Gedichte und Prosa mit ohne Fußball. Verbindlich mit im Bundle ist ein extra-leckeres sri-lankisch-indisches Büffet für nur 8 Euro (Getränke extra).
Datum: 9. April 2007 (Ostermontag)
Lesung: 20 Uhr

Buffet: 21 Uhr

Ort: Restaurant Mathura, Kolonnenstr. 43, 10829 Berlin-Schöneberg, U/S-Bahn Yorckstraße, Kleistpark, Südkeuz, Bus 104.
Die Lesung ist kostenlos, das Buffet ist verpflichtend. Die Veranstaltung soll neben der Aufnahme geistiger Nahrung auch dazu dienen, die beste Auswärtsküche westlich von Colombo einer größeren Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Verbindliche telefonische Anmeldung bitte ab sofort unter 030-787 157 15. Fankleidung optional. Alle Vereine willkommen.

Kommentare zu “Horch, was kommt von unten hoch…” (5)

Florian
20.03.2007

“Live Time Achievement Oscar” – bei dem “v” schießt’s am Anglisten wei mir d Fousnächel bis auf die Burch nauf … vo Erlanga aus. Macht nix, hast droddzdem recht, Fädd und Aue wär a Gaudi, wenn’s a nu Doddmund und Gladbach dabreiselt nu füll meiners. Do däddn’s schaun dey Gelddvaschleiderer im Westna.

rob; helden-des-sports.blogspot.com
20.03.2007

Hmmmm, so einrichtiger Novize wäre Greuther Fürth in der 1. Bundesliga nicht. Schließlich ist die Großstadt mit dem klanghaften Playmobilstadion und dem Greuther Teeladen dreimaliger Deutscher Meister. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass es auch nächste Saison wohl kein fränkisches Derby geben wird, denn wo sonst hat man Erfahrung im Verspielen des Aufstiegs? Tapfer bleiben, SpVgg!

Christian
21.03.2007

“Peters hat in der FAZ am Sonntag vom 18.3. ein sehr lesenswertes Interview gegeben. Man versteht, warum man diesen Mann beim DFB nicht haben wollte. Im Vergleich zu ihm waren Galilei, Gorbatschow und Klinsmann angepaßte Konformisten.”

haha. sehr gut. den artikel gibts nicht zufälligerweise online irgendwo zu lesen? würde mich nun doch sehr interessieren.

Florian
21.03.2007

“Hmmmm, so einrichtiger Novize wäre Greuther Fürth in der 1. Bundesliga nicht.” – Na ja, Holstein Kiel wäre auch Bundesliga Novize trotz des Meistertitels 1912, die waren genau wie Fürth noch nie in der Bundesliga.

@Christian: http://www.faz.net/s/RubAEA2EF5995314224B44A0426A77BD700/Doc~E7389A1CD14F34282A0558AEFCD1B53FA~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Christian
23.03.2007

dankesehr sagt der herr taz-popblog-schreiber!

23,53%

Noch acht Spieltage. Zu den Momenten, di der Bundesliga philosophische Tiefe verleihen gehört, dass Hinrunde und Rückrunde siebzehn Spieltage haben. Es gibt zwar eine Winterpause, aber man kann die Saison nicht glatt vierteln, so wie ein Football-Spiel oder einen Apfel. Weshalb vor dem 26. Spieltag mehr als ein Viertel auf dem Spielplan stand, nach seinem Abschluß weniger als 25 % zu spielen sind.

Das 1:0 der Schalker fiel nicht nur in der Schlußviertelstunde, sondern auch bereits im letzten Saisonviertel. Es erinnerte mich spontan an Frankreich gegen Paraguay, WM-Achtelfinale 1998. Irgendwann kommt der Lange aus der Abwehr mit nach vorne (einst Laurent Blanc, eben neulich Mladen Kristajic) und stochert das Ding irgendwie rein. Wobei fairererweise gesagt werden soll, dass Stuttgart im Spiel gegen S04 mehr Torchancen hatte als Paraguay in seiner gesamten Länderspielgeschichte. Er war knapp, dieser Sieg, um eine Hitzlspergersche Pfostenbreite knapp.

Aber dass Schalke nicht mehr blind nach vorne läuft wie gegen Leverkusen und den HSV oder rammdösig rumsteht wie gegen Hannover, war auch zu sehen. Tempowechsel, torgefährliche Spielzüge, Überraschungsmomente. Die Königsblauen haben ihre Coolness wiedergefunden. Schon erstaunlich, wie wichtig Christian Pander ist. Wenn er sich so weiterentwickelt, wird auch das Gazpromgeld nicht verhindern, dass er bald bei Real Madrid spielt. Roberto Carlos hört ja bekanntlich auf. Asamoah hatte am Samstag eher noch die Rolle des Maskottchens, aber es gibt keinen Spieler, der so von seiner Physis lebt wie er, der braucht noch ein paar Wochen. Und das Päuschen kommt jetzt gerade recht, um Lövenkrands wieder fit zu bekommen.

Dann geht es als nächstes gegen den FC Bayern. Der optimale Gegner, um keinen Schlendrian in Gelsenkirchen aufkommen zu lassen. Auch wenn die Münchner am Samstag fade und fahrig zu Werke gingen. Dass Frankfurt ein erbarmungsloses Pressing spielt, hätte nach dem starken Auftritt in Nürnberg doch klar sein müssen.

Dazu gleich das nächste Deja vu. Das Tor auf Schalke und das Tor in Frankfurt fielen nahezu zeitgleich. 2001 bekam Schalke am 33. Spieltag in Stuttgart in der 89. Minute das Gegentor, während ausgerechnet Chancentod Zickler für Bayern das 1:0 gegen Kaiserslautern machte. Und Preuß hat das Ding ja nicht irgendwie reingezaubert, sondern Klaus Fischer zitiert. Das hatte wirklich Stil. Und wird vermutlich Tor des Jahres werden.

Für den ehemaligen Fernsehexperten mit dem schwarzen Mantel werden es lange 15 Monate bis zum 30. Juni 2008 in der Strafkolonie Säberner Straße werden. Das hat man ihm am Samstag angesehen. Eitelkeit oder Geldgier? Ich tippe auf Gutmütigkeit, einen philantropischen Anfall, zu viel Schiller gelesen womöglich. Im Vergleich dazu hat Thomas Doll entspannte Wochen vor sich. Auch wenn es bis auf ein Placebopünktchen nichts zu holen gab gegen den Club, der nicht mehr auf einem UEFA-Cup-Platz steht, sehr zur Freude seines Trainers vermutlich. Das Stadion in Lüdenscheid heißt übrigens gar nicht Signal-Iduna-Arena, wie ich immer dachte, sondern PARK!! Sollen sie halt ein paar Bäume pflanzen, die bewegen sich mehr als die Dortmunder Stürmer mit Ausnahme von Frei.

Doll trifft in zwei Wochen auf Ernst Middendorp, zum Stelldichein der Spätheimkehrer. Dessen Bielefelder – wer weiß, ob er dann noch Trainer ist – spielen am letzten Spieltag gegen Schalke. Das ist schon das dritte Deja vu, denn das war die Begegnung, die im Bundesligaskandal 1971 verschoben worden war. Jemand in der Spielplanabteilung des DFB muß Schwarzen Humor besessen haben. Alles reine Nervensache.

Schalkes härtester Verfolger Bremen kam am Sonntag zu einem Arbeitssieg gegen Mainz. Bremer Arbeitssiege sind immer noch besser anzusehen als die meisten anderen Spiele. Werder spielt am letzten Spieltag gegen Wolfsburg und hat vielleicht das UEFA-Cup-Finale drei Tage zuvor noch in den Knochen. Wolfsburg wird immer stärker. Das Tor von Boakye war ein echtes Sahenstückchen. Marcelinho dirigiert wie zu besten Zeiten. Und Hanke würde nichts lieber tun, als seine Schalker zur Meisterschaft zu schießen. Unglaubliche 720 Minuten stehen uns noch bevor, Nachspielzeit für indirekte Freistöße und Wartezeit für Dopingproben nicht mitgerechnet.

Kommentare zu “23,53%” (3)

Daniel Banzer
19.03.2007

Zum Thema Zickler:
http://www.kicker.de/fussball/bundesliga/spieltag/spielpaarungsbericht/object/520297/saison/2000-01/naviindex/2

Rob Alef
19.03.2007

Und Jancker hat auch noch getroffen. Wahrlich ein schwarzer Tag. Man sollte wirklich alles überprüfen, bevor man’s hinschreibt: Roy Keanes Nationalität, Spielergebnisse, den neuen Sender von Felix Magath, einfach alles. Wohl dem, der aufmersame LeserInnen hat.

Untergiesinger
19.03.2007

Und die “Säberner Straße” heißt in Wirklichkeit “Säbener Straße”. Know your enemy…